Teamschreibstube II

   Golo berichtet

Es sah schon ein paar Tage lang nicht gut aus, was sich bei uns tat. Aktuell war das Hauptproblem, dass meine Obrigkeit packte und damit offensichtlich die Abreise in die Winterquartiere vorbereitete. Das haben wir zwar schon ein paar Mal gehabt, was ich deswegen aber nicht gut finden muss. Und dann ist es kurz und schmerzlos passiert: wir sind abgefahren, einfach so. Damit ist Schluss mit lustig und langen Strandgängen, bei denen immer was los war. Was hab ich Löcher in den Sand gebuddelt, einfach toll. Na ja, wir hoffen ja, dass wir im nächsten Frühjahr wiederkommen, aber bis dahin, muss ich erstmal auf allerlei verzichten. Ich hab aber einen Geheimtipp: ich leg mich einfach in eine ruhige Ecke und schlaf  und träum, ich sei im Médoc. Das hilft wirklich, wenn ich auch nach dem Aufwachen schnell merke, dass ich nicht da bin, wo ich am liebsten wär. Dann roll ich mich auf die andere Seite und fang den nächsten Traum an. Klappt immer, richtig gut. Empfehl ich zum nachmachen. 

So, jetzt muss ich mal aufhören, denn bei uns hat es an der Tür geklingelt. Der Briefträger ist da, den werd ich mal kräftig erschrecken. Keine Angst, ich tu ihm nichts, und er weiß das auch. Ich mag ihn irgendwie, er ist ein netter Kerl, aber er spielt richtig gut mit, und das hat schon was, wenn man schon nicht im Médoc sein kann. Probieren Sie es mal, Sie werden sehen, Briefträger erschrecken macht bestimmt Spaß.

Auch wenn Sie unsere Idee nicht so toll finden, wir sind gut in unsrem Winterquartier angekommen und hoffen auf einen pflegeleichten Winter.  

(06. 10 2020)

 

 

Golo berichtet

Die rote Fahne

Meine Obrigkeit neigt eher dazu, sich nicht so oft aufzuregen wie manche Zeitgenossen, doch kann man keine Wetten darauf abschließen, wie lange so eine Periode der gelassenen Ausgeglichenheit anhält. Gestern waren wir, wie eigentlich mindestens einmal täglich üblich, am Strand, am Hundestrand versteht sich, denn ich war ja dabei. Wir wandeln also über die reichlich holprige Rampe hinunter zum Strand und sind zunächst einmal guter Dinge, ich, weil ich ein einige Kumpels sah und auch Wasser genug da war, um darin herumzutoben, und meine Obrigkeit, weil er wirklich gern lange Strandspaziergänge macht. Bis hierhin war alles gut, doch plötzlich bekam ich mit, dass meine Obrigkeit die rote Fahne fixierte, die unten auf dem Strand darauf hinweist, dass es an dieser Stelle baïne-Strömungen gibt, die lebensgefährlich sein können. Hat man ja gestern in Carcans gesehen, wo drei leichtsinnige Badegäste in einer solchen baïne umgekommen sind. Aber meine Obrigkeit sah hinter der roten Fahne vier Leutchen im Wasser, zwei Erwachsene und zwei kleine Kinder. Und da hat er ein paar Sachen abgesetzt, die ich vielleicht besser hier nicht schreibe. Aber er hat ja Recht: Wer da, wo eine rote Fahne anzeigt, dass das Baden gefährlich ist, ins Wasser geht, der hat sie irgendwie nicht alle beisammen. Und wenn dann noch Kinder dabei sind, weiß man gar nicht, was man denken soll.

Und dann kam für mich noch was herum, weil meine Obrigkeit fragte, ob ich wüsste, was funktionale Analphabeten sind. Wusste ich nicht, aber meine Obrigkeit hat es mir erklärt. Das sind Leute, die da, wo andere Leute etwas lesen und wissen, was zu tun ist, das nicht erkennen und nicht das tun, was sie tun müssten. Die sehen also eine rote Fahne und daran ein Schild, auf dem steht, dass das Baden dort gefährlich ist und dass man hier nicht ins Wasser gehen sollte, doch sie tun es trotzdem. Weil sie nicht kapiert haben, was sie sehen. Eigentlich muss man mit denen mitfühlen und ihnen diskret helfen, aber wie macht man das am Strand und dann noch so, dass sie beim nächsten mal nicht denselben Unsinn machen. Also, wir haben danach lange darüber nachgedacht, aber eine patente Lösung haben wir erstmal nicht nach Hause gebracht. Vielleicht fällt uns ja noch was dazu ein.

(23. 08. 2020)

 

 

 

Golo berichtet

Geburtstag ohne Feier

In normalen Zeiten haben wir in diesen Tagen einmal die Bude so richtig voll, weil Madame Geburtstag hat. Also für mich gehört das zu den Höhepunkten des Euronatjahres, denn da kommen allerhand Leute, die genau wissen, dass ich da bin. Und die legen auf mein Wohlwollen richtig Wert. Da gibt es immer ein paar, die zwar wissen, dass meine Obrigkeit es nicht gern sieht, wenn die mir was zum Leckern mitbringen, weil, sagt meine Obrigkeit, das bald dazu führen kann, dass keiner mehr zu uns kommen kann, dessen Taschen ich nicht vorher gründlich inspiziert und ausgeräubert habe. Ich denke, da ist was dran, aber die meisten unserer Geburtstagsgäste sind richtig pfiffig. Die wissen, dass meine Obrigkeit es nicht mag, wenn ich grundlos vollgestopft werde, aber sie haben, richtig schlau, eine Methode, gegen die meine Obrigkeit kaum was machen kann. Die krümeln beim Essen einfach so unter sich hin, und das finde ich gut, denn die wissen, dass ich mich um die Krümel kümmere. Ich hab richtige Lieblingskrümeler, aber ich sag nicht, wer das ist, sonst reißen die sich am Ende noch zusammen und es ist nix mit krümeln. Wenn ich das richtig sehe, hat die Krümelei  in den letzten Jahren zugenommen, was vielleicht daran liegt, das unsere Gäste jedes Jahr älter werden. Aber egal, ich finde Krümel gut und viel Krümel noch besser. Aber dieses Jahr war da nix. Der Geburtstag war da, die Madame von meiner Obrigkeit auch und meine Obrigkeit natürlich auch, aber sonst niemand. Unglaublich, leider aber wahr. Und das alles wegen des Coronavirus. Ich hab ja schon mal gesagt, was für eine Wut ich auf diese Viecher habe. Ich würde sie am liebsten platt machen, aber diese Biester sind nicht zu fassen, dafür sind sie viel zu klein. Richtig feige, aber nicht zu ändern. Ich hoffe auf den nächsten Geburtstag, dann wird wieder aus Leibeskräften gekrümelt. Versprochen. Und hoffentlich denkt jemand daran, dass man auch beim Krümeln Verlorenes nachholen kann. Mal sehen.

(22. 04. 2020)

 

 

Golo berichtet

Euronat in Coronaviruszeiten

Wir sind in diesem Jahr zum ersten Durchgang der Kommunalwahlen, der ja bekanntlich am 15. März stattgefunden hat, angereist, und bis dahin war noch alles gut. Bei der Wahl war aber schon nicht mehr alles so wie früher. Die Leute, die wählen wollten, machten eine lange Schlange vor dem Wahllokal und achteten säuberlich darauf, dass man zum Vor- oder Hintermann (oder zur Vor- oder Hinterfrau) ordentlich Abstand hielt.  Im Wahllokal kam man zuerst zu einer Flasche mit Desinfektionsmitteln, dann hat man abgestimmt und dazu, falls man keinen eigenen dabei hatte, einen Kugelschreiber benutzt, den die Gemeinde gestiftet hatte (den musste man sogar mitnehmen, damit ihn kein anderer berührte), dann gab es am Ausgang nochmal was zum Desinfizieren und dann war die Wahl vorbei.

Am Tag darauf kam es dann aber knüppeldick, denn da hat Staatspräsident Macron seinen Franzosen und mit denen alle, die sonst noch in Frankreich waren, also auch uns, eine virtuelle Käfighaltung verpasst. Wer nicht so richtig weiß, wie das geht: Wir durften unsere eigenen vier Wände nur noch dann verlassen, wenn wir einen triftigen Grund vorweisen konnten und das mussten wir auf einem Formular bestätigen und unterschreiben. Wer nicht schreiben will oder kann, also ich zum Beispiel, der bleibt also zu Hause.

Doof dabei ist nur, dass man, wenn man, was ja erlaubt ist, mit Hund die mehrmals angezeigte tägliche Runde dreht, damit  der Hund nicht vergisst, dass er stubenrein ist, dabei nicht auf den Strand darf. Richtig blöd, da hat man die Möglichkeit zu entspannenden Strandspaziergängen und darf nicht. Unglaublich, aber wahr. Dabei ist eigentlich klar, dass alle, die im Wasser sind, gar nicht wissen was Coronaviren sind. Also manches versteht man nur, wenn man irgendwie um die Ecke denkt.

Außer den gestrichenen Strandtouren fehlt mir auch der gesellige Betrieb zu Hause. Wir sind jetzt schon vier Wochen  hier und haben noch keinen einzigen Apéro gehabt, keinen Grillabend und eingeladen worden sind wir auch nicht. Unglaublich, was mir da so alles durch die Lappen gegangen ist.

Normalerweise haben wir pro Woche ein bis zwei bis drei Apéros oder Grillabende, bei denen nimmer so um die 10 bis 12 Leute kommen, was ich richtig gut finde. Einige von denen bringen mir was mit, gut so, aber alle sorgen beim Essen dafür, dass für mich was runterfällt. Machen die mit Absicht, weil sie mich mögen. Und das, finde, ist wirklich gut.

Nur, in diesem Jahr ist da nix. Sogar eine richtig gut eingefädelte Matjes-Sause fiel aus, einfach so, weil keiner was tun wollte, was dem Coronavirus Spaß gemacht hätte.

Also, ich hab richtig Wut auf diese Biester. Wenn ich die kriegen könnte, würde ich sie platt machen. Aber ist nicht, die sind so klein, dass ich sie nicht erwischen kann, richtig feige.

Also warten wir, und hoffen, dass es bald besser wird. Wär ja schon mal gut, wenn wir wieder zum Strand runter dürften. Na. Mal sehen, wann das wieder geht. Ich sag dann Bescheid.

 

 

 

Golo berichtet

Was macht eigentlich einen pflichtbewussten Hund aus?

Also, es gibt ja Leute, die sagen, dass das Internet alles weiß, und das haben wir mal probiert. Was da rauskam, als wir die Frage gestellt haben, die oben zu lesen ist, war aber eher ärmlich, denn wir haben nur gefunden, dass es Leute gibt, die Schilder verkaufen wollten, auf denen was vom pflichtbewussten Hund stand. Was einen pflichtbewussten Hund ausmacht, war da  aber nicht zu erfahren.

Eigentlich seltsam denn das hätte man gut rauskriegen können, wenn man mich gefragt hätte. Ich habe ja schon mal gezeigt, wie das geht, als ich einen Einbrecher aus unserem Wohnmobil gejagt habe, dass der nachher froh war, dass ich ihn nicht richtig erwischt hatte.

Das habe ich gemacht, weil das in mir drin steckt, und das gehört zu meiner Familiengeschichte, die weit in die Vergangenheit zurückreicht. Damals haben Menschen mit meinen Vorfahren irgendwie einen Pakt geschlossen, der (obwohl das natürlich wort- und schriftlos passierte)  so ging, dass meine Vorfahren den Menschen beim Jagen halfen und sie gegen die Angriffe wilder Tiere verteidigten und dafür die Menschen meinen Vorfahren was zum Futtern gaben. Was nicht erzählt wird, ist, dass die Menschen sich darum kümmerten, dass besonders diejenigen meiner Vorfahren gut versorgt wurden und Junge bekamen, die genau das taten, was die Menschen für gut befanden.

So entstanden schließlich lange Ahnenreihen von Hunden, die für die Jagd unentbehrlich wurden. Andere Abstammungslinien kümmerten sich um den Schutz von Haus und Hof und schließlich gab es diejenigen, die die Hirten bei ihrer nicht immer einfachen Arbeit unterstützten. Die mussten  eine ganz Menge Dinge können, die ein Jagd- oder Hofhund nicht braucht, und dazu gehörte auch, dass sie ihre Schützlinge kompromisslos gegen alles verteidigten, was ihnen Böses antun wollte. Sie waren wohl die cleversten und mutigsten Vertreter, die es unter den Vorfahren der heutigen Hunde gab. Hört sich vielleicht ein bisschen arrogant an, weil ich ja über meine eigenen Vorfahren spreche. Ist aber so und lässt sich nicht ändern. Irgendwann kamen dann auch Hunde auf, die nur zum Kraulen und zur Staffage für Madame taugten, aber auch das zeigt, dass wir Hunde vielfältig begabt sind.

Da meine Leute keine Schafe oder Ziegen halten, bin ich allerdings in einer etwas eigenartigen Situation. Macht aber nix. Das geht übrigens ganz vielen meiner Artgenossen heute so, die bei Mensche leben, die nicht jagen, keinen Hof haben oder so.

Ich hab auch so genug zu tun. Wenn wir unterwegs sind, passe ich auf, dass unser Trüppchen immer schon beisammen bleibt. Und wenn mal einer was Böses vorhat, dann hat er ganz schlechte Karten und mich am Hals wie der Ganove, der uns beklauen wollte.

Ansonsten bin ich aber einer von der freundlichen Sorte, ich mag Menschen, weil die meisten gut im Kraulen sind. Und ich weiß ja, was ich draufhabe, deswegen muss ich nicht jeden anknurren, der mir über den Weg läuft.

 

 

 

Golo berichtet

Also, ich lebe ja in einem Haushalt, in dem die Dinge meist nach einem gewissen Ritus ablaufen. Ich finde das nicht schlecht, weil ich dann weiß, woran ich bin. Aber mir fällt natürlich auf, wenn Ungewohntes passiert. Das war bei uns vor ein paar Tagen der Fall, als meine Obrigkeit nach Hause kam und ein dick verpacktes Auge hatte. Obwohl ich schon mehr als fünf Jahre beobachte, was sich in diesem Haushalt tut, war ich ratlos und fragte mich, was das wohl zu bedeuten hätte. Da mir niemand was so erklärte, dass ich es verstehen konnte, habe ich mich selbst schlau gemacht. Im Beobachten bin ich ja wirklich gut. Also, zuerst fiel mir auf, dass der Computer stundenlang nicht gestartet wurde, was sonst eigentlich nur passiert, wenn die Technik verrückt spielt. Na ja, habe ich mir gedacht, das ist ja vielleicht ein positives Zeichen, und dann habe ich mich so aufgebaut, dass meine Obrigkeit mich kraulen konnte: hat er tatsächlich gemacht, ausdauernd wie schon lange nicht mehr. Irgendwann habe ich dann gedacht, dass es gut war und dass meine Obrigkeit, sich ein Buch oder sonstwas holen würde, war aber nicht. Richtig Fehlanzeige, der hat nicht gelesen. Als ich schon anfing mir deswegen Gedanken zu machen, kriegte ich mit, wie er am Telefon einem Freund erklärte, dass er Leseverbot hatte, weil ein Auge operiert worden war. Und beim Lesen würde der Heilungsprozess in dem operierten Auge gestört, weil man beim Lesen das Auge ruckartig von Zeile zu Zeile bewegt. Hab ich verstanden und gedacht, dass das richtig gut war, denn meine Obrigkeit liest ja sonst alles was er kriegen kann und das mit Höchstgeschwindigkeit. Das beruhigte mich natürlich erstmal. Doch dann habe ich mich gefragt, wie lange das wohl gut gehen würde, denn ich kenne meine Obrigkeit ja schon länger. Ich kann es kurz machen: er war unerwartet fügsam und hat tatsächlich eine Woche lang nicht selbst gelesen, sondern sich vorlesen lassen. Hätte ich ihm nicht zugetraut. Das funktionierte auch mit dem Computer, so dass die täglichen Abläufe bei uns anders aussahen als sonst, aber das war nicht wirklich schlecht. Demnächst haben wir noch eine Operation, und da bin ich gespannt, ob meine Obrigkeit wieder so fügsam ist. Ich rate dazu, andernfalls werde ich ihm mal meine Meinung sagen.

(02. 11. 2019)

 

Golo berichtet

Hunde am Fahrrad

Also, erst hab ich gedacht, dass das kein Thema ist, über das man mehr als drei Sätze machen könnte, aber inzwischen denke ich, dass das vielleicht keine unendliche Geschichte ist, aber doch in diese Richtung zeigt.

Da gibt es erstmal die Hunde, die es richtig gut haben, die nämlich in einem Fahrradkorb vor dem Lenker eine unübertreffliche Aussicht genießen und sich überhaupt nicht anstrengen müssen, um von A nach B zu kommen. Energiesparend schaffen das auch Hunde, die in einem Hänger hinter dem Fahrrad einherparadieren, wobei sie allerdings weniger von der Welt sehen, als die Artgenossen in dem Körbchen vor dem Lenker.

Problematisch wird es jedoch, wenn Hunde an der Leine am Fahrrad laufen. Da gibt es Sachen, die glaubt man nicht, wenn man sie nicht gesehen hat. Manche Leute, glücklicherweise nur wenige, knoten ihren Hund an einer Leine, fünf, sechs Meter lang, am Lenker ihres Fahrrades an und machen sich dann auf die Reise, die eigentlich nur auf einer Unfallstation enden kann. Wenn ein so fest mit dem Lenker verknoteter Hund mal ein Reh oder eine Katze sieht und da hinterher will, wird er seinen Radfahrer zu einem unfreiwilligen und unerwarteten Salto verhelfen, der böse Folgen haben kann. Etwas weniger gefährlich, aber auch nicht sicher ist es, den Hund an einem fest mit dem Fahrrad verbundenen seitlichen Federarm laufen zu lassen. Führt bei einem temperamentvollen und stärken größeren Hund ebenfalls sicher zur Unfallstation.

Die dritte ziemlich sichere Methode, um irgendwann mal richtig Bruch zu machen, besteht darin, die Hundeleine zwar in der Hand zu halten, aber dem spaßliebenden Vierbeiner fünf oder sechs Meter Bewegungsfreiheit zu geben, damit er mal rechts oder links vom Fahrrad laufen kann, auch mal die Gelegenheit hat, ins Vorderrad zu springen und nicht zuletzt bei Reh- oder Katzenkontakt erst den Radfahrer zu Boden bringen und anschließend ein kurzes Jagdintermezzo einlegen kann.

Bei uns gibt es das Thema Hund am Fahrrad auch, aber die Lösung sieht anders aus, und dabei ist die Wahrscheinlichkeit klein, dass es mit Hund am Fahrrad einen ungewollten Salto gibt.

Die erste Regel bei uns heißt, dass der Hund rechts vom Fahrrad läuft. Das ist sinnvoll und von der Straßenverkehrsordnung vorgeschrieben, weil der Hund dann auf der dem Verkehr abgewandten Seite läuft.

Die zweite Regel heißt, dass der Hund  nie fest mit dem Fahrradrahmen verknotet wird. Auch sinnvoll, wenn man an das denkt, was wir oben gesagt haben.

Die dritte Regel besagt, dass der Hund so kurz wie möglich angeleint wird. In meinem Fall fasst meine Obrigkeit die Leine so, dass zwischen seiner Hand und meinem Halsband nur 40 oder 50 cm Abstand sind. Wer sich jetzt darüber aufregt, dass ich dann ja keine Ausflüge nach rechts oder links oder in das Vorderrad machen kann, hat noch nicht verstanden, dass man mit einem Hund am Fahrrad sicher oder auch nicht fahren kann.

Und jetzt kommt noch ein Punkt, den alle die verstehen, die schon einmal mit einem richtig starken Hund am Fahrrad in eine Situation geraten sind, wo der Hund etwas anderes wollte als sein radfahrender Führer. Wenn man einen Hund so  kurz an der Leine hält, wie wir das oben empfohlen haben, dann kann man ihn in einer brenzlichen  Situation vorne anheben und damit seinen Bewegungsdrang prima dirigieren. Dann kommen Reh oder Katze ohne Panikattacken davon und der Radfahrer samt Hund bleibt oben, wo er eigentlich auch sein wollte.

Aber, sagen jetzt vielleicht die, die mitgedacht haben, wenn ich nicht kräftig genug bin, um meinen Hund in einer brenzlichen Situation vorne anzuheben, damit er das tut, was ich will. Dazu gibt es ein gute und eine weniger gute Antwort: Die bessere: Wer am Fahrrad nicht dazu in der Lage ist, seinen Hund vorne anzuheben, sollte mit einem derartigen Hund nicht am Fahrrad fahren. Die zweite, allerdings schlechtere Antwort: Wer dennoch in eine Situation gerät, in der er seinen Hund am Fahrrad nicht mehr in der Gewalt hat, sollte besser die Leine fallen lassen, bevor er sich unter Umständen ernsthaft verletzt. Stürze mit dem Fahrrad gehören nicht zu den Übungen, auf die wir körperlich optimal vorbereitet sind.

Zum Schluss noch zwei Sachen: Man sollte die Hundeleine immer so halten, dass man sie schnell fallen lassen kann und man sollte die Leine frei in der rechten Hand halten können,  ohne Kontakt zum Lenker. Das reduziert die Sturzgefahren deutlich.

(10. 08. 2019)

 

 

 

Golo berichtet

Strandgeflüster

Wer Zeichen erkennen und deuten kann, weiß, dass wir wieder im Médoc sind, genauer in Euronat. Zwar ist der Spruch, den vor Jahren ein begnadeter Verkäufer losließ, dass das Paradies noch nicht ausverkauft sei, nicht mehr wirklich aktuell, aber das stört mich und meine Artgenossen nicht. Wir leben immer noch in paradiesischen Verhältnissen, zumindest am Euronat-Nordstrand. Das ist nämlich ein richtig offiziell zugelassener Hundestrand, eine Einrichtung, die man in meiner Situation nur ganz toll finden kann. Klar, dass ich davon profitiere und meine Obrigkeit drängele, mindestens einmal pro Tag den Weg zu diesem famosen Hundestrand einzuschlagen und da zu sehen, was los ist. Los ist da immer was, denn da wuseln alle möglichen Verwandten von mir durcheinander, angefangen vom Microhund bis zu den großen Gesellen, die sich in einer Ponyherde verstecken könnten, ohne dass das auffällt. Und alle sind gut drauf, na abgesehen von dem einen oder anderen knurrigen Miesepeter, der dann aber auch nicht von der Leine darf. Wir verstehen uns alle eigentlich ganz gut und nehmen Neuankömmlinge richtig nett auf. Ich komme mit allen Hunden, egal ob groß oder klein, zurecht, obwohl ich  manchmal von kleinen Frechdachsen angekläfft werde, dass es schon lustig ist. Es bleibt beim Kläffen, was ich auch anrate, denn ungestraft an mir rumnagen, das geht nicht. Darüber muss ich mir aber keine Gedanken machen, denn die sehen ja, wer da kommt. Gedanken mache ich mir aber, weil viele Leute, die mich sehen, einen fragenden Blick kriegen und dann je nach Sprache sagen: was ist denn das für einer? Wenn ich genauer hinhöre, kriege ich mit, dass da auf Französisch, Deutsch, Englisch und so weiter Spekulationen über meine Ahnenreihe angestellt werden. Komischerweise ist die Trefferrate dabei aber richtig schlecht. Richtig Wissbegierige fragen meine Obrigkeit, dann, zu was für einer Rasse ich gehöre, und darauf antwortet mein Obrigkeit dann mit der Gegenfrage, was man denn so meinte. Die Standardantwort ist dann, dass man keine Meinung und keine Ahnung hat. Da meine Obrigkeit in solchen Fällen gern für Aufklärung sorgt, erklärt er dann, dass ich ein richtiger deutscher Schäferhund bin. Die Standardreaktion darauf ist ungläubiges Staunen, weshalb meine Obrigkeit dann erklärt, es bei den deutschen Schäferhunden nicht nur schwarz-gelb, sondern auch graue und schwarze gibt und natürlich Zwischentöne. Mein Vater ist übrigens ganz schwarz, was ihm richtig gut steht,  und meine Mutter sieht ungefähr so aus wie ich. Aber, sagen dann manche, der hat doch so große Ohren und einen so dicken Kopf. Na, sagt meine Obrigkeit dann, stimmt schon, aber es gibt eben auch bei Schäferhunden kleinere und größere und hin und wieder auch mal so einen wie mich, XXL-Format sozusagen. So jetzt ist das Geheimnis um meine Abstammung keins mehr, und wenn Sie demnächst am Strand oder sonstwo wieder Leute wahrnehmen, die fragend in meine Richtung gucken, dann wissen Sie, was Sie denen erklären können. Sie werden sehen, es macht richtig Eindruck, wenn man Expertenwissen weitergeben kann.

(16. 07. 2019)

 

 

Golo berichtet

Ohne Hausschlüssel in Euronat

Erstmal das Wichtigste: Wir sind wieder in Euronat, und damit kann der angenehmere Teil des Jahres gelassen beginnen. Als wir angekommen sind, war das mit Gelassenheit aber nicht so wie üblich.

Wir hielten wie normal an unserem Haus an und meine Obrigkeit bückte sich, um aus dem dafür üblicherweise benutzten Fach unseres Wohnmobils die Schlüssel zu holen, doch da war nix. Das etatmäßige Schlüsselbund mit allen wichtigen und ein paar eigentlich entbehrlichen Schlüsseln war nicht da. Dann Suche in allen eventuell möglichen Klappen und Fächern des Wohnmobils, Ergebnis auch null. Dann räusperte sich meine Obrigkeit, die ja viele Wörter kennt, und sagte ein paar Sachen, die ich von ihm noch nie gehört hatte, die ich aber nicht weitergeben darf, weil er mir verboten hat, diese Wörter je zu benutzen. Eigentlich schade, ich mag nämlich Kräftiges.

Aber das war ja nicht das Problem: Wir standen vor unserem Haus und kamen nicht rein. Immerhin hatte sich bei der Sucherei nach dem Schlüsselbund aber ein einzelner Schlüssel gefunden, der vielleicht interessant sein konnte, aber damit kam man nicht an die Tür, für die er vielleicht bestimmt war. Da sagte meine Obrigkeit, er wollte jetzt mal eine kreative Viertelstunde einlegen, dazu wollte er aber nicht gestört werden. Haben wir auch nicht gemacht, und nach der angekündigten Viertelstunde war das Haus nicht mehr verschlossen. Wie meine Obrigkeit das gemacht hat, weiß ich immer noch nicht, er sagt es auch nicht. Na ja, Hauptsache wir waren drin. Und im Haus waren alle weiteren Schlüssel, manche sogar dreimal, was den Wortschatz meiner Obrigkeit wieder radikal ins Vornehme verschob. Anschließend wurden, soweit ich sehen konnte, die beiden wichtigsten Schlüssel für das Haus an das Wohnmobilschlüsselbund gehängt, damit das Malheur, das diesmal passiert ist, sich nicht wiederholen kann.

Früher wäre sowas nicht passiert. Ob ich mir wohl Sorgen machen muss?

(08. 04. 2019)

 

Golo berichtet

Aktuelles

Also, unser wenig lustiges nächtliches Erlebnis auf einer Ratsstätte auf unserer letzten Fahrt nach Euronat hat sich ja schon rumgesprochen. Was bin ich dafür schon gelobt worden. Na ja, war schon gut, dass ich da war und den Einbrecher verjagt habe, aber ich find das eher normal, gehört schließlich zu meinem Berufsbild. Nicht ganz klar komm ich allerdings damit, dass ich schon ein paar Mal gehört habe, dass jemand gefragt hat, ob ich richtig gefährlich sei  und ob man mich noch anfassen dürfte. Da muss ich mal was zu sagen.

Wir Schäferhunde, das gilt übrigens für alle Hunde, die dazu da sind, Schafe, Ziegen und was weiß ich sonst noch zu hüten, haben einen ausgesprochenen Schutztrieb in uns, das heißt, wir lassen niemand, von dem wir meinen, dass er böse Absichten hat an unsere Schützlinge ran. Klar, dass dazu auch die menschlichen Mitglieder unserer Meute gehören. Und wenn doch mal jemand versucht, wie bei uns neulich auf der Raststätte, uns zu beklauen oder was anderes Böses zuzufügen, dann gehen wir drauf, ohne wenn und aber, zumindest wenn man aus den Kreisen stammt, zu denen meine Vorfahren gehören. Es gibt sicher Artgenossen, die da nicht so forsch sind, aber ich mach das schon, hat man ja gesehen. Aber, das heißt nicht, dass ich jedem, der da herkommt, Löcher in das Fell machen will. Warum auch? Von Natur aus bin ich, genauso wie meine Artgenossen, die nicht irgendwie durchgedreht sind, ruhig, freundlich und gelassen. Erst wenn sich was zusammenbraut, das so aussieht, dass Gefahr im Verzug ist, ist Schluss mit lustig und freundlich. Aber ansonsten ist Ruhe die erste Bürgerpflicht. Das hat ja auch seine nützlichen Seiten. Wenn wir zum Beispiel Besuch kriegen, dann zeige ich den Gästen, dass ich mich freue, dass sie da sind. Und das lohnt sich, denn dann werde ich gekrault, dass es  eine Pracht ist. Gekrault werden ist Spitze, Meine Obrigkeit sagt immer, Hunde kann man solange kraulen, bis sie kahle Stellen kriegen. Sehe ich auch so. Jetzt muss ich aber weg, meine Obrigkeit hat gerade nichts zu tun, da kann er mich doch kraulen, oder nicht?

                                                                                 (16. 07. 2017)

 Golo berichtet

Aktuelles aus Euronat

Also, mal ehrlich gesagt, jemand mit meiner Statur hat es in Euronat wirklich paradiesisch. Und wer von meinen Artgenossen nicht hier sein kann, der verpasst wirklich eine ganze Menge. Aber, wie das so ist, nicht alles ist super-optimal. Ich finde es super, dass es einen Hundestrand gibt, an dem man sich  trifft und wo es einem wirklich gut geht. Ich hab da richtig gute Kumpels, mit denen ich mich prima verstehe. Allerdings gibt es auch ein paar zickige Hundemädchen, die mich oft ankeifen, wahrscheinlich weil ich so groß  und immer im Turbomodus unterwegs bin. Das kann ich gut ab, weil ich mir leicht vorstellen kann, wie es ist, wenn man nicht so viel Dampf drauf hat wie ich. Na ja, man kann nicht alles haben. Anstrengend finde ich es allerdings, dass seit ein paar Jahren der Trend zum Mikrohund geht. Die sind so klein, dass man nicht immer gleich rauskriegt, wo vorne und hinten ist, und dann muss man aufpassen, dass man nicht drauftritt. Das will ich ja nicht, aber es ist ganz schön anstrengend.

Gut haben kann ich es, wenn gesagt wird, dass ich ein richtig schöner Hund bin. Das kann ich inzwischen in Französisch, Deutsch, Niederländisch, Englisch, Italienisch, Spanisch  und Russisch aufsagen. Mal sehen, wann Chinesisch dazukommt.

Nicht immer gut haben kann ich aber, wenn gefragt wird, was für ein Mix ich denn bin. Richtig lustig fand ich, als vor einigen Tagen ein kleines Kind auf mich zeigte und fragte: „Mama, ist das ein Wildschwein?“ Mama wusste Bescheid und hat aufgeklärt.

Und das will ich jetzt auch mal machen. Also, ich bin ein Deutscher Schäferhund mit Vorfahren, die sich über viele Generationen zurückverfolgen lassen. Den meisten Leuten, die solche Fragen stellen, macht wohl meine Farbe zu schaffen. Die ist aber eigentlich nicht so ungewöhnlich, denn es gibt neben meinen schwarzgelben oder schwarzbraunen Verwandten auch solche, die rein schwarz sind, wie z. B. mein Vater. Wer das noch immer nicht beruhigend findet, dem kann ich sagen, dass ich mit Jule und allen anderen Schäferhunden, die vor mir mit meiner Obrigkeit gelebt haben, ziemlich und richtig verwandt bin.

Jetzt muss ich aber mal eben Besuch anmelden und einen Schlusspunkt setzen. Ich lasse bald wieder von mir hören.

                                                                                            (1. Okt. 2016)

Golo berichtet

Nicht mehr in Euronat

Wer aufgepasst hat, weiß, dass wir seit Mitte Oktober unseren Standort im Médoc geräumt haben und, wie man so sagt, unsere Zelte weit entfernt aufgeschlagen haben. Nur, so frage ich schon seit längerem, was bringt so etwas? Und was wird aus den Strandspaziergängen? Und wer jagt die Möwen am Strand? Aber, es nützt ja nichts, wir sind nicht mehr im Médoc, wenn es auch kein vernünftiges Argument dafür gibt. Meine Obrigkeit sagt zwar, dass wir bald wieder losfahren, aber bis dahin vergehen schon ein paar Wochen, die man irgendwie rumkriegen muss.  Ich muss allerdings zugeben, dass meine Obrigkeit sich etwas ausgedacht hat, was mir richtig Spaß macht. Ich lerne nämlich so einige Dinge, die was mit Benimm und Manieren und mit Begriffen wie Fuß, Sitz, Platz etc. zu tun haben, und das macht richtig was her, weil man da immer gelobt und gekrault wird und auch Leckerchen kriegt, die man sonst nicht bekäme. Also, wenn man mich fragt, Ausbildung ist gut, und wir machen da auch weiter. Ansonsten warte ich darauf, dass ich erwachsen werde, meine Obrigkeit übrigens auch. Dabei war das Ding neulich mit dem Sicherheitsgurt in unserem Auto eigentlich nicht böse gemeint. Ach, Sie wissen das noch nicht?

Na, dann muss ich etwas ausführlicher werden, auch wenn ich da vielleicht nicht so gut wegkomme. Also, um es kurz zu machen, ich habe einen Sicherheitsgurt in unserem Auto halbiert, wohl nicht exakt und mathematisch genau, aber das Ding besteht jetzt aus zwei Teilen, die früher mal zusammengehörten. Wenn Sie nicht glauben, dass ich so was kann, dann lassen Sie sich das mal von meinem Chef erklären. Der weiß, warum das geht. Der hat nämlich gesagt, dass Hunde von Natur aus ein Scherengebiss haben, bei dem die Backenzähne rasiermesserscharf alles kurz und klein schneiden, was sie zu fassen kriegen. Natürlich nur, wenn sie das wollen. Und dahinter steckt eine Sache, die mit meinen Vorfahren zu tun hat. Das waren nämlich Fleischfresser, und die brauchten so ein Gebiss, damit sie satt wurden. Kauen konnten und wollten die übrigens nicht, bei denen kam es darauf an, möglichst schnell etwas in den Bauch zu kriegen, was dann nachher verdaut werden konnte. Und genau dafür ist so ein Scherengebiss richtig zweckmäßig. Wenn Sie jetzt bei dem Hund auf dem Sofa ihres Nachbarn nachsehen wollen, ob das mit dem Scherengebiss stimmt, dann kann es sein, dass sie nicht fündig werden. Nur wenn sich die Kieferform unserer Vorfahren erhalten hat, sieht man diese Scherengebisse noch, wobei man schon sagen muss, dass die Menschen mit ihren Zuchtmanipulationen nicht immer den Respekt vor der Schöpfung gezeigt haben, den man ihnen hätte wünschen sollen. Aber das ist ein weites Feld, das wir hier nicht weiter aufrollen können.

Ich muss jetzt muss übrigens mal weg, bei uns an der Tür tut sich was, da ist mein Kommentar gefragt. Mache ich so, dass es keiner überhört.

                                                                                     (6. Jan. 2016)

 

Golo berichtet

Ein Jahr Euronat

Also, wie ich gehört habe, gibt es Euronat ja schon seit 40 Jahren, aber, wie sich jeder denken kann, das war lange vor meiner Zeit. Ich will mal realistisch sein und nur über das reden, was ich wirklich und selbst erlebt habe.

Meine ersten Euronat-Erlebnisse habe ich im letzten Jahr gehabt, und zwar im Juli, weil genau da meine Obrigkeit, nachdem sie mich abgeholt hatte, mit mir in meine neue Behausung gefahren ist. Dass die in Euronat lag und nur ein paar Minuten vom Atlantik entfernt war, habe ich damals noch nicht gewusst, was man aber verstehen kann, weil ich ja noch klein war und weil meine Obrigkeit mit irgendwelchem Zeug zu tun hatte, das ihn irgendwie mächtig beschäftigt hat. Also, wenn ich ehrlich bin, der hätte sich lieber mit mir beschäftigen sollen, dann hätten wir mächtig Spaß gehabt, aber das sag ich mal nicht so laut, denn irgendwie war das, was meine Obrigkeit da gemacht hat, schon wichtig und richtig, auch wenn es ein paar Leute gibt, die das nicht kapieren können. Aber das ist nicht mein Problem, ich kann schließlich positiv denken, sagt meine Obrigkeit.

Also, wenn ich mal daran denke, was meine Kumpels und Verwandten erzählen, die jetzt gerade nicht in Euronat sind, dann weiß ich, dass die richtig neidisch sind. Na ja, die gönnen mir das schon, aber sie sagen doch, dass das mit dem Paradies und Euronat irgendwie schon stimmt. Denn wo, bitte schön, gibt es auf dieser Welt einen Hundestrand? Richtig, den einzigen wirklich und real existierende Hundestrand nördlich des Äquators, den gibt es in Euronat. Hätten Sie das gewusst? Ich jedenfalls nicht, also vor einem Jahr meine ich, als ich zum ersten Mal hier in Euronat war. Jetzt weiß ich ja Bescheid, aber ich kann schon sagen, meine Obrigkeit hat das richtig gut gemacht, dass sie mich mitgenommen hat nach Euronat.

Das, was man da am Hundestrand erlebt, ist wirklich super, heute sagt man wohl eher cool. Da gibt es z.B. kein einziges Auto, das stinkend und gefährlich schnell Angst und Schrecken verbreitet. Das heißt, dass unsereins wirklich überall Vorfahrt hat. Und wenn man dann seine Kumpels trifft, dann muss man nicht auf irgendeine blöde Ampel oder so etwas achten, sondern man kann richtig durchstarten. Platz dafür ist ja da, in alle Richtungen. Und noch was: die meisten Leute, die da am Hundestrand entlangpromenieren, auch die ohne Hund, die haben was für unsereins übrig. Ein paar, die gucken schon mal blöd, wenn wir so richtig loslegen. Da fragt man sich dann allerdings, warum die gerade am Hundestrand rumlaufen müssen. Wahrscheinlich, weil sie da was finden, worüber sie sich aufregen können.

Und dann gibt es da noch ein paar Leute, die da mit Hunden an der Leine rumlaufen, Gott sei Dank wenige, die können nicht kapieren, dass wir Hunde eine eigene Art haben, miteinander umzugehen. Die tun dann so, als ob ihre Hunde viel zu fein sind, um mit uns zu toben. Na ja, machmall legen wir schon richtig los, aber das ist ganz in Ordnung, denn wir müssen uns ja auch irgendwie verwirklichen, was wir gut und gerne machen. Und dabei geht es uns richtig gut.

Das einzige, was ich wirklich nicht gut finde ist, dass meine Obrigkeit klammheimlich anfängt zu packen. Sieht so aus, dass es bald nix mehr ist mit Euronat. Aber ich geh mal davon aus, dass wir nicht lange weg sind. Ich versteck schon mal ein paar besonders gute Stöckchen, fürs nächste Jahr, versteht sich. Also, wenn sie eins davon finden, liegen lassen, ich kümmere mich demnächst darum.

Alles Gute und bis bald. Ich melde mich, sobald es wieder etwas zu berichten gibt.

 

Golo berichtet

Geburtstag im Médoc

Haben Sie schon mal Geburtstag im Médoc gehabt? Also ich nicht, für mich war das eine Premiere. Das hab ich von meiner Obrigkeit, denn was so eine Premiere sein soll, weiß ich nicht so ganz richtig. Aber was ein Geburtstag ist, das weiß ich seit gestern. Da hat meine Obrigkeit mir gesagt, jetzt sei ich ein Jahr alt und damit kein Welpe mehr. Na, das wusste ich schon vorher, denn immer wenn ich in den letzten Wochen auf die Waage gegangen bin, dann hat der Zeiger ganz schön was zu tun gehabt, und das ist ja wohl ein Zeichen dafür, dass ich schon eine richtig ganze Person bin. Also ich fühl mich schon richtig groß, obwohl meine Obrigkeit da wohl manchmal anderer Meinung ist. So war das neulich, als er mir gesagt hat, eine Fernbedienung sei kein Spielzeug für mich. Versteh ich nicht, das Ding ließ sich richtig gut durchkauen, auch wenn es danach irgendwie platt und wohl ein bisschen kürzer war. Fand ich gar nicht schlimm, ich brauch keine Fernbedienung, weil ich überall selbst hin kann. Na, meine Obrigkeit blieb da stur anderer Meinung und sagte, ich sei der erste Hund in der Familie, der eine Fernbedienung auf dem Gewissen hätte. Na, ob das so schlimm ist? Ich kann jedenfalls sagen, dass die Fernbedienung mehr Spaß gemacht hat als der Taschenrechner, den ich danach probiert habe. Der taugte gar nichts, weil, der war schon zu Anfang ganz platt und niedrig. Da war gar nichts, wo man so richtig was zusammenquetschen konnte. War irgendwie frustrierend, aber ich hab mir nichts anmerken lassen, ich wollte meiner Obrigkeit ja schließlich nicht den Abend verderben.

Aber ich wollte ja eigentlich was von meinem Geburtstag erzählen. Mache ich jetzt. Also, das war irgendwie schon so, dass man das gut finden musste, denn zum Frühstück gab es Hähnchenschnitzel, und um die muss man ja nicht unbedingt einen Bogen machen. Hab ich auch nicht, aber ich hab mich zusammengerissen und mich nicht gierig gezeigt. Kam gut an, denn meine Obrigkeit hat nachher erzählt, dass ich nicht so verfressen sei wie meine Vorgänger, und das hat dann vielleicht die Sache mit der Fernbedienung und dem Taschenrechner etwas abgefedert.

Außer dem Hähnchenschnitzel habe ich ein neues Halsband gekriegt, Edelstahl, und extragroß, damit mein Kopf da durch passt.

Aber das eigentliche Ereignis an meinem Geburtstag war, dass wir zwei Strandgänge gemacht haben. Richtig gut mit vollem Programm, und wir haben welche von meinen Kumpels getroffen, mit denen konnte ich meinen Turbo so richtig loslassen. Also, Geburtstag ist eine gute Einrichtung, sollte man öfter und am besten regelmäßig machen. Meine Obrigkeit sagt zwar, das das nicht geht, aber richtig überzeugt hat er mich nicht. Jetzt warte ich erstmal ab, wann wieder Geburtstag ist.

 

Golo berichtet

Also, das Internet ist ja an sich nicht mein Ding, wäre ja auch irgendwie komisch, wenn ich mit meinen zugegeben nicht mehr sehr zierlichen Pfoten eine Tastatur bedienen sollte. Oder wenn ich mit einer Maus rummachen sollte. Für Mäuse hab ich schon ein Programm, aber das geht für die Mäuse nicht gut aus.

Aber auch wenn ich das nicht will, das Internet drängt sich schon in mein Leben, nämlich weil meine Obrigkeit davon nicht lassen will. Kann er auch wohl schlecht,  weil er da etwas angefangen hat, das losgegangen ist, als es mich noch nicht gab. Solange ich regelmäßig gekrault werde und auch sonst zu meinem Recht komme, bin ich mal nicht so, da lass ich mal zu, dass es bei uns mit der Computerei und dem Internet manches gibt, was anderenorts nicht so üblich ist.

Und weil ich das zulasse, kriege ich auch ziemlich viel von dem mit, was da so per Internet und Email, und wie das ganze Zeugs heißt, bei uns ankommt. Manchmal ist meine Obrigkeit zufrieden, manchmal auch nicht, wenn er das gesehen hat, was sich da bei uns eingenistet hat. Fast regelmäßig höre ich dann allerdings, dass er sagt, dass das Internet im Médoc eine Veranstaltung von Lahmen ist. Wenn er zum Beispiel seine Zeitung herunterlädt dauert das zwei bis drei  Minuten. Und wenn er das hochlädt, was am nächsten Tag in den Médoc-Notizen stehen soll, dann gehen da schon mal 10 bis 15 Minuten drüber hin. Da, wo wir vorher waren, ging das in vier bis fünf Sekunden ab.

Meine Obrigkeit meint allerdings, das müsste man irgendwie schon verstehen, denn wir wären hier wirklich am A.., nein das mag ich nicht schreiben, also am Ende der Welt, denn ein paar hundert Meter weiter gäbe es nur Seesterne, Seehunde, und sonstiges Wassergetier, und die wären ja wohl keine Internetkunden. Stimmt irgendwie, macht aber das Internet an den Rändern des Médoc nicht schneller. Ist aber vielleicht gar nicht so schlimm, für mich nämlich, denn so komme ich so zu manchem Spaziertrip, der nicht passieren würde, wenn das Internet beim Hoch- oder Runterladen nicht so eklig langsam wäre.

Also, wir bleiben erstmal beim Internet, bis sich vielleicht etwas Besseres findet.

                                                    ___________________

Golo berichtet

Abschied vom Médoc

Wer sich daran erinnert wie groß ich war, als ich zum ersten Male im Médoc war und wer mich jetzt sieht, der weiß, das ich den größten Teil meines bisherigen Lebens im Médoc zugebracht habe, und das eigentlich für einen erstrebens- und bewahrenswerten Zustand gehalten habe.

Irgendwann kriegten meine Leute aber die Unruhe und schleppten allerhand Sachen in das Wohnmobil und schwupp, eines Sonntagmorgens, ging es los. Also was dann kam, war für jemand wie mich, der schon von Kindesbeinen an weiß, wie sich das in einem Wohnmobil reist, nichts Besonderes, beinahe schon Routine.

Aber als wir dann ankamen und meine Obrigkeit sagte, Golo da wohnen wir, wenn wir nicht im Médoc sind, da habe ich erstmal ordentlich hingeguckt, aber bevor ich damit fertig war, bugsierte mich meine Obrigkeit schon in ein Haus, dass ziemlich anders war, als das , was ich bis dahin kannte. Also, ich will nicht alles aufzählen, aber so ein paar Sachen haben mich schon besonders interessiert. Das erste, was mir auffiel, war, dass es da ganz viele Hunde gab. Die hab ich natürlich lautstark begrüßt und gebellt, dass die Wände gewackelt haben. Meine Obrigkeit hat mich ganz komisch angeguckt und gefragt, ob ich richtig hingeguckt hätte. Hatte ich nicht, denn die vielen Hunde sahen alle aus wie ich, sie rochen nach nix und spielen konnte ich mit denen auch nicht. Richtig blöd. Hat meine Obrigkeit mir gesagt, dass ich  Spiegel angebellt hatte. Na gut, aber wie soll ich wissen, wie ein Spiegel funktioniert. Inzwischen kann ich an diesen Spiegeln vorbeipromenieren und mich nicht mehr aufregen, aber irgendwie hat das schon Spaß gemacht. Na ja, ansonsten gab in meinem neuen Zuhause noch einiges zu berichten, aber das mach ich beim nächsten Mal. Jetzt muss ich mal für kleine Jungen, wenn Sie wissen, was ich damit meine.

                                                                                                  (29. 10. 2014)

Golo berichtet

Probleme mit Hundekuchen

Also, Hundekuchen sind ein gute Sache, und große Hundekuchen sind noch besser. Meine Obrigkeit hat so was und ich bin ganz dafür, dass ich davon möglichst regelmäßig etwas kriege. Allerdings auch hier weiß ich schon, dass es kaum etwas gibt, was nicht auch seine Tücken hat. Und bei Hundekuchen sind die besonders ärgerlich. Wenn man so einen Leckerbissen verputzen will, dann kracht das ganz ordentlich, die Dinger sind nämlich richtig hart, und wenn man das auf einer Holzterrasse macht, dann fällt eine Menge von dem, was ich da  krachen lasse, krümelnd durch die Ritzen der Terrasse und ist weg. Finde ich gar nicht gut, und deswegen wollte ich heute Abend mit dem leckeren Hundekuchen ins Haus, weil da nix durch irgendwelche Ritzen nach unten fallen  kann und weg ist. Hab ich mich also vor die Haustür gesetzt (normalerweise bin ich um die Zeit noch auf der Terrasse und passe auf, dass meine Obrigkeit im Nebenzimmer fleißig am Computer ist) und deutlich gezeigt, dass ich rein wollte. War aber nix. Meine Obrigkeit hat einen Teppichläufer, der draußen lag hereingeholt in meinen Bereich und gesagt, na, ist das eine Idee? Hab ich sofort verstanden und mich mit meinem Leckerbissen auf den Teppich gelegt und bald war auch der letzte Krümel verputzt. Und wer aufgepasst hat, der weiß, dass nix durch die Terrassenritzen fallen konnte, weil ich ja auf dem Läufer lag. Meine Obrigkeit war ganz weg, hat er gesagt, ich bin auch ein schlauer Hund, genauso wie Jule, die wusste das auch mit den Ritzen und so. Aber Jule kenn ich nur vom Erzählen und dann denk mich mir, dass meine Obrigkeit mich gerade richtig gelobt hat. Find ich auch richtig, denn  das Problem mit den Hundekuchen ist wirklich eins. Aber wenn man weiß, wie man das lösen kann, dann fällt kein Krümel nach unten, den ich nicht kriegen kann. Und danach hat meine Obrigkeit zu unserem Frauchen gesagt, wir haben wieder einen Hund, der schlussfolgernd denken kann. Das ist mir allerdings ein bisschen zu hoch, aber, da bin ich sicher, es war gut gemeint, und loben lassen kann man sich eigentlich gar nicht genug, oder?

 

________________________________

Golo berichtet

Meine erste Reise ins Médoc II

Wo es losging, hab ich schon erzählt, aber wie es losging noch nicht. Also, da kam meine neue Meute nach Monstab und hat mich mitgenommen. Nicht einfach so, sondern da gab es erst einige Formalitäten, und, fand ich besonders wichtig, ein großer Sack Futter kam mit. Dann hat mich mein neuer Meutenführer auf den Arm genommen, was ich ganz angenehm fand und mir gut zugeredet. Dann hat er mich in ein Ding gesetzt, so eine Art Hütte auf Rädern, von dem ich später gehört habe, dass man dazu Wohnmobil sagt. Und das war richtig gut, denn da gab es was zu futtern. Und nach einiger Zeit ging es los. Wer jetzt denkt, ich hätte geschnieft und gedruckst, weil ich doch von meinen Geschwistern weg musste, der hat sich geirrt, denn meine Geschwister, besonders meine dickeren Brüder, das waren richtige Flegel, die immer rumgerüpelt haben. Da geht es in meiner neuen Meute viel besser. Die haben mich gleich zu Anfang  richtig betüttelt und hier und da gekrault, und das ist wirklich gut. Na und dabei hab ich gar nicht gemerkt, dass wir schon gefahren sind. Erst ganz langsam, denn mein Meutenführer hat gesagt, dass der kleine Kerl, damit hat er mich wohl gemeint, sich langsam an das Autofahren gewöhnen soll. Hab  ich dann auch prompt gemacht, und dabei gar nicht gemerkt, dass es da was zu gewöhnen gab. Und dabei haben sie, nicht immer, aber ziemlich oft, Golo gesagt. Damit war ich gemeint, wie ich inzwischen weiß, denn so heiße ich. Musste ich aber erst mal raushaben. Und Pausen haben wir gemacht, eine nach der andern, denn so hat mein Häuptling gesagt, ich müsste ja schließlich mal für kleine Jungen, wenn Sie wissen, was damit gemeint ist. Und dann gab es ein Gewitter, nicht so eins, wo man gar nicht hinguckt, sondern eins, bei dem es geblitzt und gekracht hat, dass man sein eigenes Wort nicht verstehen konnte. Fand ich aber gar nicht schlimm, denn, sagt mein Häuptling, ich hab Nerven wie irgendwas ganz Dickes. Soll wohl stimmen, denn Angst hab ich wirklich nicht, vor gar nix. Und dann haben wir angehalten und gefuttert und geschlafen, na, wie man das so macht, wenn man unterwegs ist. Irgendwann redeten die Leute dann so, dass ich gar nichts mehr verstanden habe, das war Französisch, wie mir mein Häuptling erklärt hat. Aber mit den Hunden, die ich gesehen und gesprochen habe, gab es auch in Französien oder wie das heißt, kein Problem, da sind wir schon viel weiter als die Menschen. Wenn wir mit der Rute bestimmte Bewegungen machen, dann weiß jeder, der hinguckt, ganz egal wo man ist, aha, da ist einer, der ist gut drauf. Und wenn man bellt, muss man hinhören, dass kann allerhand Verschiedenes bedeuten. Na, so ist das eben. Uns so sind wir immer weiter gefahren, bis wir über eine ganz, ganz große Brücke gefahren sind, unter der Schiffe durchfuhren. Da hat mein Häuptling gesagt, gleich sind wir im Médoc. Waren wir auch tatsächlich, aber bis wir am Ziel waren, das hat noch was gedauert. Aber davon erzähl ich beim nächsten Mal.

                                                                                   (Golo M. 07. Aug. 2014)

 

Golo berichtet

Meine erste Reise ins Médoc

Also, dass ich Golo heiße und wie ich aussehe, das wissen inzwischen die meisten unserer Leser. Nicht ganz klar ist vielen aber, was ich noch so vorhabe und wo ich herkomme. Zeit, dass ich dazu mal was sage. Also, ich bin dabei zu wachsen und wenn das mal aufhört, dann wird man sehen, dass ich ein richtiger deutscher Schäferhund bin mit allem was dazugehört. Anders als meine mehr oder weniger weitläufige Verwandtschaft werde ich ziemlich dunkelgrau mit ordentlichen schwarzen Stellen sein. Mein Vater ist übrigens richtig schwarz von vorn bis hinten. So, nachdem das heraus ist, erzähle ich mal, wo ich herkomme und wie ich ins Médoc gekommen bin. Ich bin in Monstab geboren worden, und da weiß gleich jeder, wo das liegt. Oder doch nicht? Das ist ein kleines Örtchen im Landkreis Altenburger Land. In Altenburg wurde übrigens das Skatspiel erfunden und nachher jede Menge Spielkarten gedruckt. Wer jetzt einen Atlas holt, der sollte Leipzig suchen und dann rund vierzig Kilometer nach Süden gehen, dann ist er in Altenburg, und sechs Kilometer weiter kommt er nach Monstab. Ich bin übrigens Thüringer, falls danach gefragt wird. Und wer dazu nichts weiß, das ist da, wo die weltbesten Bratwürste gemacht werden. Da wir gerade bei diesem Thema sind: ich muss mal weg zum Mittagessen, und wenn ich danach ausgeschlafen bin, erzähle ich wirklich, wie ich ins Médoc gekommen bin.

 

(Golo M. 04. 08. 2014)

Jule berichtet

Also, Weihnachten ist auch bei uns etwas Besonderes und noch besonderer sind Weihnachtsgeschichten. Neulich habe ich eine gehört, die leider nicht von mir ist, aber ich habe sie richtig gut behalten. Hier ist sie:

 

Weihnachtsgeschichte

In einem kleinen Städtchen im Médoc gibt es ein Postamt, und in diesem Postamt arbeitet ein Beamter, der, wenn er Zeit hat, sich um die Briefe kümmert, die aus irgendwelchen Gründen nicht zu ihrem Empfänger gelangen, zum Beispiel, weil die Adresse falsch oder unvollständig ist. Im letzten Jahr hielt er einen Brief in Händen, auf dem in zittriger Schrift stand: „An den lieben Gott.“

Klar, dass so eine Adresse einen wackeren Postbediensteten vor Probleme stellt. Unser Beamter beschloss, den Brief zu öffnen, vielleicht gab es drinnen ja noch Erkenntnisse, die der Zustellung förderlich wären.

Er las: „Lieber Gott, ich bin eine Witwe von 93 Jahren und habe nur eine kleine Pension. Gestern hat man mir meine Handtasche gestohlen. Darin waren 100 Euro, das letzte Geld, das mir blieb bis zur nächsten Pensionszahlung. Am kommenden Sonntag ist Weihnachten, und da habe ich zwei meiner besten Freunde zum Essen eingeladen. Ohne Geld bin ich nicht in der Lage, die Einkäufe zu machen, die für das Essen nötig sind. Ich habe keine Familie, die mich unterstützen könnte, deshalb bist Du meine einzige Hoffnung. Kannst Du mir bitte helfen?  Hochachtungsvoll, Edna, 66, rue Jean-Talon, apt. 2, 33421 Vollois“

Der Beamte war gerührt. Er zeigte den Brief seinen Kollegen, und alle wollten helfen. Sie gaben jeder ein paar Euro, und nach dem Rundgang durch seine Dienststelle hatte unser Beamter 96 Euro zusammen. Er war richtig stolz und zufrieden und steckte das Geld in einen Brief an die arme Frau.

Den ganzen übrigen Tag fühlten der Beamte und seine Kollegen sich richtig wohl, weil sie ja bestimmt etwas Gutes getan hatten.

Ein paar Tage nach Weihnachten kam ein Brief, wieder an den lieben Gott, wieder von Edna. Alle Beamten umringten neugierig ihren Kollegen, als der den Brief aufmachte. Er las vor:

„Lieber Gott, Wie kann ich Dir danken für alles, was Du für mich getan hast? Dank Deiner Großzügigkeit und Liebe habe ich meine Freunde würdig empfangen und ihnen ein großartiges Weihnachtsmahl bereiten können. Es war ein wunderbarer Tag und ich habe meinen Freunden nicht verschwiegen, dass das alles nur möglich war, weil Du mir dieses schöne Geschenk gemacht hast. Allerdings, es fehlten vier Euro an dem Betrag, den man mir gestohlen hatte.

Ich fürchte, die haben sich die Mistkerle von der Post unter den Nagel gerissen, denen traue ich nicht über den Weg.“

 

_______________________________

Jule berichtet

Putzstunde

Wie sich leicht denken lässt, gibt es bei uns Computer. Nicht nur einen, mehrere. Muss ja wohl, denn sonst gäbe es die Médoc-Notizen nicht. Einer dieser Computer wohnt ganzjährig und immer in Euronat. An sich gut, denn dann muss man das Ding nicht jedes Mal anschleppen. Allerdings, vielleicht doch nicht so gut, weil man das Gerät ja nicht dauernd unter Kontrolle hat. Denn das muss man wohl, zumindest habe ich das so verstanden. Unser Computer in Euronat hat sich jedenfalls so einige Flausen angewöhnt, die meine Obrigkeit absolut nicht lustig findet.

Also, letztens, da kamen wir wieder in unser Haus und dann sollte auch der Computer angeworfen werden. Ging nicht, der wollte einfach nicht. Der bockte, gab zwar ein paar Töne von sich, aber laufen wollte er partout nicht. Dann hat meine Obrigkeit das Ding aufgemacht und erklärt, dass es wohl wieder an der Grafikkarte läge. Kann sein, versteh ich sowieso nicht. Dann wurde also die famose Grafikkarte ausgebaut, geputzt und gewienert und wieder eingebaut, bis der Computer wieder komplett war. Neuer Startversuch: erfolgreich. Meine Obrigkeit guckte richtig zufrieden, kann der, wenn er will. Aber nicht lange, am nächsten Morgen bockte der Computer schon wieder und tat nicht das, was er sollte. Wieder Bastelstunde, mit kurzzeitigem Erfolg. Beim nächsten Hochfahren fiel uns jedoch auf, dass der halbe Arbeitsspeicher irgendwie weg war, er wurde jedenfalls nicht angezeigt. Da guckte meine Obrigkeit erst nachdenklich und dann entschlossen. Neue Bastelstunde, diesmal jedoch in Richtung Arbeitsspeicher. Und da entdeckte meine Obrigkeit, dass ein Speicherriegel richtig verdreckt war, also, da war eine richtige Staubschicht drauf. Die wurde natürlich säuberlich weggeputzt, danach der Speicherriegel wieder eingebaut und schließlich der Computer wieder gestartet. Das ging richtig gut, und plötzlich war auch der Arbeitsspeicher wieder komplett da. Nicht nur einmal, sondern seit der Putzaktion immer. Und nun wissen wir, dass es auch in einem reinlichen Haushalt Ecken gibt, wo es so aussieht wie bei H.s unter dem Sofa. Allerdings, warum das mit dem verstaubten Arbeitsspeicher ein Problem geben kann, hab ich nicht so ganz kapiert. Muss ich auch nicht, denn für so was haben wir unsere Leute, hoffentlich. Die haben gesagt, ein verstaubter Arbeitsspeicher ließe nicht unbedingt auf einen unreinlichen Haushalt schließen, aber in der Staubschicht könnte sich Feuchtigkeit ansammeln, die dann Kriechströme verursachen könnte und die würden dann den Speicherriegel lahmlegen. Na, hört sich kompliziert an, stimmt auch vielleicht. Hauptsache, der blöde Computer läuft wieder. Allerdings, wenn ich mir überlege, wieviel Kraul- und Streicheleinheiten meine Obrigkeit bei mir hätte abliefern können, während er mit dem Computer herumgemacht hat … Also, wenn man mich fragt, die Welt hat auch ohne Computer ihre Reize, aber auch hier: mich fragt ja keiner, wirklich.

 

_____________________________________

Lena berichtet

Auf dem Markt in St. Vivien

Gott sei Dank, die Spargelzeit ist um. Das waren schreckliche Mittwochmorgen. Um 7:30 fuhren wir nach St. Vivien, um genug Spargel zu bekommen: für uns und für Freunde und Nachbarn. Was wir auch unternehmen wollten: Mittwochmorgen war heilig. Denn der Händler aus Blaye hatte anfangs nicht so viel Spargel. Und darum war es meinen Leuten eine liebe Gewohnheit geworden, so früh aufzustehen, um Spargel zu bunkern. Zum Glück brauchte ich die vielen Kilos nicht zu tragen. Manchmal mussten meine Leute zweimal gehen. Der Kofferraum war auf jeden Fall immer voll. Um kurz nach 8 Uhr wurde ich wieder ins Auto gesperrt. Außer Spargelduft, und der kann mich in keiner Weise anmachen, nichts gewesen.

Jetzt fahren wir erst um 10 Uhr und ich treffe alle meine Freunde, die auch den Duft des Marktes lieben. Die beiden Fleischer haben dann ihre Fertiggerichte gekocht, die Paella ist gar. Welche Düfte! Vor allem in der Kombination! Meist werden lebende Kaninchen angeboten. Na ja, da gibt es Köter ohne Benehmen, die ihnen sehr nah aufs Fell rücken, als wenn sie selbst nicht wüssten, was Angst ist. Die Hühner auf jeden Fall machen sich nichts aus Hunden. Einen Schreck bekomme ich immer, wenn sie zum Transport an den Läufen zusammengebunden werden und mächtig flattern.

Gemütlich ist es, wenn wir Bekannte treffen, möglichst mit Hund an der Leine.Ein Hindernis bilden wir sowieso. Mit Hund kommt keiner mehr durch.

Schließlich nimmt Frauchen ihren Korb und kümmert sich um Obst und Gemüse. Herrchen besorgt zwei Portionen Paella, bevor sie ausverkauft ist. Mittwochs gibt’s ab jetzt Paella statt Spargel.

Wenn alles im Auto verstaut ist, fällt uns ein, dass wir noch keinen Besuch bei den Gärtnern gemacht haben. Für Blühendes ist immer noch Platz da.

 ________________________________

Lena berichtet

Ullis Geburtstag

Demnächst hat Ulli Geburtstag. Der große Hundefreund soll  ein schönes Geschenk von uns haben. Wir treffen uns mehrfach, um uns zu beraten.

   Die Überlegungen sind langwierig, aber zum Teil lustig, da die Vorschläge oft originell sind. Rocco will ihm einen  Kings Chair schenken, damit er sich von  den Mühen und der Arbeit an den Médoc-Notizen erholen kann. Tarnie und Venu wollen für ihn bei dem nächsten Euronat Lauf über 12 km starten. Jule schlägt vor, zu Ullis Unterhaltung am Hundestrand ein ritterliches Turnier durchzuführen. Heinrich will sich eine Lammkeule von der Schnauze absparen.

   Zu so viel Originalität kann ich nur schweigen und die Unbekümmertheit meiner Freunde bewundern.

   Von Jule haben wir gehört, dass am Geburtstag um 11.00 Uhr ein Empfang stattfindet. Deshalb sage ich meinen Freundinnen und Freunden: „Wir haben kein gemeinsames Geschenk, lasst euch was einfallen, was in die Tat umzusetzen ist und seid um kurz nach 11.00 Uhr  da und übt zu singen < viel Glück und viel Segen> “.

  Am Sonntag sind wir alle pünktlich da. Unser Gesang als Glückwunsch ist gar nicht so schlecht. Jedenfalls bekommen wir viel Beifall, der sich steigert, als wir unsere Geschenke überreichen bzw. nennen. Jule verspricht, auf allen Campingplätzen und Raststätten ihre Obrigkeit und das Wohnmobil mit vollem Einsatz zu bewachen. An Heinrichs Lammkeulenknochen sitzt noch eine Menge Fleisch dran, Ulli ist verwundert über den Strauß Vergissmeinnicht, die im grasarmen Euronat auch als Kotzgras für Hunde genutzt werden können. Rocco schleppt zum Ausruhen ein Fell aus seinem Körbchen an und wünscht Kings Rest. Lena trägt in ihrem Maul ein Amselgerippe mit unversehrten Flügeln, so dass es wie eine Fledermaus aussieht. Es soll vor bösen Geistern schützen.

   Für unsere Ideen bekommen wir viel Lob. Ulli freut sich sehr. In bester Laune und mit manchem Leckerchen verbringt er den weiteren Geburtstag.

 ___________________________________

Lena berichtet

Zähneputzen

Neulich, an den Tag erinnere ich mich nur mit Schaudern, kamen meine Leute auf die Idee, mir die Zähne zu putzen. „Lena hat Zahnstein, und der kann gefährlich sein, zum Beispiel fürs Herz.“, meinte Herrchen. „Wir müssen ihr unbedingt die Zähne putzen.“ „Und wie willst du das machen?“, Frauchen war skeptisch. „Ich nehme eine alte Zahnbürste, der Tierarzt hat ausgepressten Zitronensaft zum Bürsten empfohlen. Und dann setzen wir Lena auf einen Tisch und putzen ihr die Zähne. Ganz einfach!“

   Ich wusste, da kam Schlimmes auf mich zu und verkroch mich. Aber zunächst passierte nichts. Doch eines Tages – das Meer rauschte so gefällig, der Wind umsäuselte mich, ich lag so angenehm in der Sonne – , kamen sie. Die Marterinstrumente in der Hand. Man hob mich auf einen Gartentisch. Herrchen hielt mich fest, Frauchen setzte die gut mit Zitronensaft getränkte Bürste an. Nun erlebte ich die schlimmsten Minuten meines Lebens. Man verteilte den Zitronensaft auf dem gesamten Kiefer, oben und unten, ein Teil lief mir in die Kehle. Die Bürste wurde rücksichtslos nach allen Seiten angesetzt, bis ich mich an ihr festbiss und furcht erregend knurrte. Da ließ man von mir ab und stellte fest: „Die sanfte Lena!“  

     Der furchtbare Geschmack hatte sich so weit ausgebreitet, dass ich zu würgen anfing. Als das gesamte Mittagessen draußen war und ich immer noch würgte und japste, fingen meine Leute an, mich zu bedauern. Sie streichelten mich und hielten mir den Kopf, wenn ich wieder einen Würgeanfall hatte. „Arme Lena, wir wollten dir doch nur was Gutes tun. Gegen deinen Zahnstein!

   Völlig erschöpft lag ich auf dem Boden. Von Zeit zu Zeit schüttelte ich mich, als ob ich den schrecklichen Geschmack heraus schleudern könnte. Dann lag ich wieder da, atmete heftig, einer Ohnmacht nahe.

   Da kam Gabi. Mit einem kurzen „Wuff“ begrüßte ich sie. Mehr Kraft hatte ich nicht mehr.

   Gabi fragte: „Was habt ihr mit der Lena gemacht? Ist sie krank?“ – „Wir haben ihr mit Zitronensaft die Zähne geputzt. Sie hat Zahnstein.“

   „Ja seid ihr denn…? Das ist Tierquälerei. Da gibt es ganz was anderes. Einen grünen Kauknochen, eine so genannte Zahnbürste, die die Hunde fressen können und die die Zähne pflegt. Komm, Lena, jetzt gehen wir mal die Zähne putzen.

   Gabi kürzte den Weg ab durch die Mimosenbüsche. Bei ihr zu Hause hielt sie mir was Grünes hin. Misstrauisch schnüffelte ich. Es roch gut. Ich nahm diese so genannte Zahnbürste und kaute lange auf ihr rum, bis ich sie schlucken konnte.

   Im Gebüsch standen meine Leute und wunderten sich. Herrchen kam zu mir: “Entschuldige, Lena, das wollen wir  nicht wieder machen. Zähneputzen nur noch mit Gabis Methode!“  

_____________________________________

Jule berichtet

Aufregend oder was?

Muss ich mal wieder aufregen, weil, hab ich da was im Internet gelesen über Frauenfussball. Mag ich übrigens, weil ich denke, dass wir Mädels dabei viel besser aussehen als die mit den haarigen Beinen, aber das ist ein anderes Gebiet. Also, hab ich gelesen, was so eine Nationalspielerin in Deutschland verdient. Kriegt die so im günstigsten Fall 7.000 Euro im Monat, die meisten gehen mit weniger nach Haus. Wer die Hälfte kriegt, darf offenbar schon nicht klagen.

So, und nun komm ich, denn auf derselben Internetseite habe ich gelesen, was ein, zugegeben guter, Spieler einer Mannschaft aus einer süddeutschen Landeshauptstadt mit starker Neigung zu Weißwurst und sonstigen Sachen verdient. Kriegt der doch 700.000 Euro im Monat, wirklich, jeden Monat, zwölfmal pro Jahr. Also, unsere Spitzennationalspielerin hat 7.000 Euro im Monat, der hier 700.000 Euro, macht also das Hundertfache. Hab ich erst nicht glauben wollen, aber Ignace hat nachgerechnet, ist so. Aber ein Gutes hat das, was ich jetzt weiß, schon, denn ich kann jetzt verstehen, weshalb so Leute, wie der mit den 700.000 Euro im Monat nicht immer so spielen, dass man glaubt, dass er 700.000 im Monat verdienen sollte: der denkt dauernd darüber nach, ob das wohl richtig ist, dass er für sein Gekicke so viel Geld einsteckt. Und wenn er sich solche Skrupel nicht macht, dann geht ihm bestimmt dauernd im Kopf rum, was er denn mit dem vielen Geld anstellen soll. Und dabei kann der dann nicht so spielen, dass es so aussieht, als ob er das viele Geld wert ist. War ich bis hierhin klar und verständlich? Na gut, dann kann ich mich ja noch mal richtig aufregen, aber das löst das Problem auch nicht richtig. Eigentlich schade.

 

___________________________________________

Lena berichtet

Spät im Mai – ein schöner Traum

Alle sind schon da, nicht nur die Vögel. Ich auf jeden Fall noch nicht, obwohl ich vor Sehnsucht nach Euronat vergehe.

Ich vermisse die lieben Nachbarn, die Freunde der Familie, vor allem Ullis kraulende Hand. Sogar die Katze Lune, die ich am liebsten jagen würde, entbehre ich. Ich sehne mich nach dem Garten, dem Wehen des Windes, dem Rauschen des Meeres und der Bäume.

Traurig schaue ich Herrchen an. Er versteht mich: „Ich weiß, dass du gern in Euronat bist und dich im Garten sonnst. Aber es geht noch nicht.“

Schließlich, nach Wochen des sehnlichsten Wartens, heißt es: „Morgen fahren wir nach Euronat!“ Vor Freude belle ich.

In der Nacht kann ich zuerst gar nicht schlafen. Ich habe Angst, nicht rechtzeitig wach und vergessen zu werden.

Irgendwann muss ich doch eingeschlafen sein. Ich erwache rechtzeitig und erinnere mich an einen wunderschönen Traum:

Wir kommen in Euronat an. Die Sonne scheint noch. Ein milder Abend empfängt uns. Auf der Terrasse steht ein Schälchen mit Wasser und eins mit Fleisch. Daneben hat sich Lune aufgestellt. Vor ihren Krallen liegt eine Maus, die sie mir auffordernd zuschiebt. Ich jage gern Mäuse, aber fressen mag ich sie nicht. Wie rette ich die peinliche Lage?

Eine Idee! Ich lege Lune meinerseits ein Stück Fleisch vor die Tatzen und sage: „Das ist für dich. Das Mäuschen fresse ich später. Ich vergrabe es noch für ein paar Tage.“ Lune ist zufrieden und läuft nach Hause. Gerade rechtzeitig, denn aus der Küchentür tritt Jule in ihrer majestätischen Größe. Jule ist bekannt als Katzenjägerin. Mich begrüßt sie überaus freundlich: „Schön, dass du da bist. Wir müssen unbedingt auf Kaninchenjagd gehen. Bei uns in Amerika vermehren sich die Biester wie die Karnickel. Zu zweit sind wir sicherlich erfolgreich. Wenn sie einen Haken schlagen, steht da schon einer von uns beiden.“

Jule gibt sich zuvorkommend und höflich. Ich habe gerade dein Körbchen aufgeschüttelt und mit meinem Körper glatt gestrichen. Wir könnten auch mal zusammen übernachten. Du hast ja so ein schönes Schafsfell.“

Plötzlich knurrt Jule Angst einflößend. Es gilt aber nicht mir. Lune hat neugierig um die Ecke geschaut.

Vor Schreck werde ich wach.

Ein Traum, der durchaus real werden könnte.   

____________________________________

Jule berichtet

Muss ich mich mal aufregen

Also, in dem Online-Dienst eines sonst renommierten Nachrichtenmagazins  liest man, dass der teuerste Hund der Welt jetzt für 1,1 Mio Euro verkauft worden ist. Die Ausrede dafür ist, dass der Hund mit Namen Hong Dong, 80 Kilo wiegt und eine Tibet-Dogge ist. Sonst nix. Ich hab den Verdacht, dass da das Gewicht den Preis gemacht hat. Der Züchter faselt zwar was von Genen, aber das ist wohl ziemlich hohles Zeug. Wie, bitte schön, soll man bei einem solchen Hund etwas über Gene sagen können? Nur weil Dschingis-Khan wahrscheinlich und Buddha möglicherweise eine Tibet-Dogge hatten, müssen die nicht so teuer gemacht werden.

Allerdings, der standesbewusste Hund könnte schon über die Gene definiert werden, wenn man festlegt, was einen guten Hund von einem weniger guten unterscheidet. Also, bei uns zu Hause, da war klar, wie das ging, man orientierte sich einerseits an der Leistung und andererseits an der Schönheit. In meiner Familie war dabei wohl die Leistung ausschlaggebend, wenn auch meine Obrigkeit immer sagt, ich sei ein hübsches Hundemädchen. Das stimmt bestimmt, denn wenn ich mal vor einem Spiegel vorbeikomme, finde ich nicht, dass ich weggucken muss.

Aber das mit der Leistung stimmt noch mehr. Wussten Sie, dass bei bestimmten Hunderassen, Gebrauchshunderassen nennt man die, weil die z. B.  bei der Polizei für eine ganze Reihe von Sachen eingesetzt werden, die Polizisten nicht können, monatelange Ausbildungen mit Prüfungen zum Abschluss stattfinden, bei denen dann festgestellt wird, wer ein richtig guter Gebrauchshund ist? Ein richtig guter Gebrauchshund kann dann Fährtenlesen, er kann eine ganze Menge anderer Sachen wie Freifolgen, Apportieren, Ablegen, und so weiter. Und er kann das, was in meiner Familie besonders beliebt ist, er kann Leute, die so tun, als ob sie Bösewichter wären, gnadenlos verfolgen und stellen. Richtige Bösewichter natürlich erst recht.

Und bei den Gebrauchshunden gibt es Prüfungen und Meisterschaften, bei denen dann festgestellt wird, wer besonders gut ist. Diese Meisterschaften gibt es regional, national und international, und dabei obendrauf auch Weltmeisterschaften. Und wer da vorne dran steht,  der hat schon was drauf, nicht nur 80 Kilo, wie der Online-Hund.

Wir haben so etwas in der Familie. Mein Vater war Leistungsweltmeister aller Schäferhunde im Jahre 1999. Dafür würden andere Hunde Tonnen von Chappi-Dosen hergeben. Nützt aber nichts, wer in diese Leistungsbereiche vordringen will, der muss schon was drauf haben. So, jetzt aber genug von meiner Familie, sonst denkt noch einer, ich hätte was mit Standesdünkel. Hab ich wirklich nicht, denn dafür hab ich gar keine Zeit. Und am Ende fang ich noch an, über meine Vorfahren mütterlicherseits zu reden, die waren auch nicht ohne.

Aber nochmal was zum Online-Hund mit den 80 Kilo. Find ich abartig und empörend. Und diskriminierend auch. Besonders gegenüber den Hunden mit vernünftigem Gewicht. Der Online-Hund schafft gerade mal den Weg zwischen Schlafstelle und Futternapf, dann ist der schon geschafft. Meine Verwandtschaft, die Schafe hütet, die rennt 50 km am Tag und ist am nächsten Tag wieder am Start, und meine weiteren Verwandten, die Jagdhunde, die haben auch Dampf für eine Menge Kilometer.

Jetzt hab ich mich genug aufgeregt. Aber mal ehrlich, wenn Spiegel-Online auf den Hund kommt, dann sind sie wirklich drauf, oder?

_______________________________

Lena berichtet

Fastenzeit

Überall höre ich:

„Jetzt ist Fastenzeit. Die will ich nutzen, um wieder mein Hochzeitsgewicht zu erreichen.“

„Ich will wenigstens unter 70 kg wiegen.“

„Ich will wieder in den Bikini passen.“ (Und das in Euronat!)

Mir wird übel: Kann man  ernsthaft sagen: „Jetzt verzichte ich in den nächsten Wochen auf Fleisch?“

Im Radio, in Zeitschriften gibt es Tipps dafür, wie man die Fastenzeit nutzt.

Ich bin sehr einverstanden damit, keinen Wein zu trinken. Tu ich eh nicht! Aber Herrchen! Der wird doch missmutig, wenn er abends sein Glas Wein nicht hat. Und wer leidet darunter? Wir. Schlechte Stimmung, kaum Gespräche, freudlose Zeit.

Wie können Menschen nur so widersprüchlich sein? Erst Dionysos feiern, dann Entsagen! Das ist doch keine Linie.

Aber was sagt Frauchen da? „Für uns Alte gibt es gar keine Fastenzeit. Sie könnte unserer Gesundheit abträglich sein.“ Ich frohlocke. Ich bin für Fleisch und ein Glas Wein mehr für Herrchen, auf dass eine allgefällige, harmonische, freudvolle Zeit beginnt.

Freude, schöner Götterfunken, dichtete schon Schiller.

 

____________________________

Lena berichtet

„Et is – wie immer – noch eens jut jejangen!“

Fasnet, Fasching, Karneval und Jakob (4) und Rasmus (2 ½) sind angesagt. Der Besuch um diese Zeit bei den Großeltern hat mit unseren archaischen Jäger-  und Sammlertrieben zu tun, haben doch die jüngsten Enkel von den älteren Geschwistern erfahren, dass es im Freiburger Rosenmontagszug was zu sammeln gibt. Man hat ihnen aber verschwiegen, dass sich die Tüten im Rheinland bei den anderen Großeltern, wo sie nämlich hinfahren, viel schneller füllen lassen.

   Samstagmittag: Rasmus und Jakob kommen an. Ich freue mich sehr. Endlich mal wieder Leben in der Bude. Besonders begrüße ich Rasmus’ Knuddelhund, sein geliebtes Kuscheltier, das er immer sorgfältig hütet. Ab und zu hat er den Knuddelhund  mir ins Körbchen gelegt, damit ich einen wohligeren Mittagsschlaf halten könnte. Eine ganze Nacht trennt er sich nie von ihm.

   Um so erstaunter bin ich heute. Rasmus nimmt den Knuddelhund, wirft ihn in eine Ecke und sagt lachend: „Armer Hund!“ Ich bin ganz erschrocken über so viel Grausamkeit. Immer wieder nimmt Rasmus den Knuddelhund auf und pfeffert ihn irgendwohin: „Armer Hund!“ Und dabei lacht er. Ich kann es nicht mit ansehen. Deshalb schnapp ich mir den Knuddelhund und renne in den Garten. Rasmus und Jakob folgen. Hinter dem Sandkasten lege ich den Knuddelhund sorgfältig ab. Kaum hat Rasmus ihn entdeckt, fliegt er irgendwohin mit dem Spruch „Armer Hund!“

   Die beiden Kleinen sehen den wunderschönen hölzernen Kipp-Lastwagen im Sandkasten und fangen gleich an zu spielen. Währenddessen mache ich mich auf die Suche nach dem Knuddelhund. Zuerst finde ich ihn nicht, obwohl ich ihn wittere. Ich suche lange ohne Erfolg. Obwohl ich ihn ständig einkreise. Ich sehe ihn aber nicht.

   Ohrenbetäubendes Geschrei: Rasmus und Jakob streiten sich um den Lastwagen und darum, wer welche Funktion im Spiel hat. Die Oma beendet den Streit als Generalunternehmerin, indem sie die Lastwagenfuhren für den nächsten Tag anordnet.

   Rasmus und Jakob lassen sich das Abendessen schmecken. Ich sitze unter ihren Stühlen. Es lohnt sich. Obwohl ich darauf hinweisen muss, dass ich nicht mehr bettele.

   Schließlich liegen beide im Bett. Jakob hat sein Kuscheltier – ein allerliebstes Häschen – im Arm. Er scheint schon in der Einschlafphase zu sein, als plötzlich Rasmus losweint: „Wo ist mein Knuddelhund?“ Keiner hat eine Ahnung. In den unmöglichsten Ecken wird gesucht. Rasmus’ Heulen steigert sich: „Mein armer Knuddelhund. Er kann doch ohne mich gar nicht schlafen.“ Seine Lautstärke tut meinen Ohren weh. Ich springe auf, stelle mich vor die Terrassentür. Mein Frauchen sieht das: „Ich glaube, Lena weiß, wo das Kuscheltier ist.“ Man öffnet die Terrassentür. Ich laufe Richtung Sandkasten. Bald habe ich Knuddelhunds Witterung aufgenommen, sehe aber nichts auf dem Boden. Wo ich den Geruch am stärksten wahrnehme, beginne ich zu bellen. Herrchen leuchtet die Stelle ab und stellt fest: „Ich sehe nichts.“ Frauchen entdeckt auch nichts. Im Haus hört man die Kinder weinen. Jakob heult aus Solidarität mit. Das wird eine Nacht!

   Trotz allem lasse ich mich nicht verunsichern. Ich rieche doch den Knuddelhund  und schlage wieder an. Herrchen lässt seine Taschenlampe wieder den Boden absuchen. „Leuchte doch mal in die Äste, Lena wird doch wissen, was sie wittert!“ schlägt Frauchen vor. Und – tatsächlich in einer Astgabelung hängt der Knuddelhund.

   Rasmus strahlt, als er sein Kuscheltier in den Arm gelegt bekommt und  dieses ihm die letzten Tränen trocknet.

   Auf jeden Fall ertönt kein „Armer Hund!“

   Herrchen kann seine rheinische Herkunft nicht verleugnen: „Et is – wie immer – noch eens jut jegangen.“  

______________________________________

Lena berichtet:

Wie ich meine Sprechprobleme löse

Ich verstehe ja alles, kann sogar über Wesentliches im Leben schreiben, z. B. über Hungersnöte der Hunde, die Katzenplage oder die Kaninchendemographie.

   Doch wie spreche ich mit meinen Leuten?

   Da habe ich die Bewegungs- und Augenkommunikation erfunden. Durch intensives Betrachten bzw. liebevolles Ansehen meiner Leute kann ich ganz leicht Emotionen hervorrufen. Ausrufe wie „Was ist die süß!“ –  „Wie lieb!“ – „Ganz goldig!“ belegen mein Talent, das ich zur Einstimmung bzw. zur Einleitung benutze. Wenn ich mal raus muss, stelle ich fest, ob meine Leute mich wahr nehmen. Und dann laufe ich schnell zur Haustür, ein leichtes Junxen  gibt die Richtung an.

   Das hat bisher immer geklappt, sogar nachts: einmal mit dem Pfötchen über Frauchens Bettdecke, sobald sie die Augen aufschlägt zügig zur Tür. Ihr glaubt gar nicht, wie schnell Frauchen dann ist. Wir wohnen günstig. Ich kann mich überall in der Umgebung gut lösen.

   Aber denkt nicht, dass ich nachts ständig raus muss!  Dafür schlafe ich zu gern und ungestört. Doch wenn wir mal Gäste haben – es ist ja bekannt, dass ich nicht bettele – und ein Gast seine Seligkeit darein hängt, dass ich sein Steak auffresse, dann kann es passieren, dass ich nachts Verdauung habe.

   Wie bringe ich nun Frauchen dazu, mir zu fressen zu geben, wenn ich dabei bin zu verhungern? – Auch mit der Bewegungskommunikation! Steht Frauchen zum Beispiel mal auf, um sich irgendwas zu holen oder Herrchens Wünsche zu erfüllen, springe ich noch schneller auf, renne zur Küche und klappere mit dem Näpfchen, wenn es noch dasteht. Frauchen versteht mich immer. Entweder gibt sie mir was oder sie sagt: „Lena, du kannst doch nicht schon wieder Hunger haben.“

   Etwas schwieriger ist die Kommunikation, wenn ich meinen Leuten bei schlechtem Wetter mitteilen muss, dass ich kein „Kaninchen“ auf lange Spaziergänge habe. Ich hocke mich dann hin, leere die Blase und gehe Richtung Haus, nicht ohne den Kopf meiner Begleitung zuzuwenden und ihr einen Jammerblick zuzuwerfen, der sagt: „Jeder weitere Schritt bei diesem Wetter ist Dackelquälerei!“ Frauchen lächelt dann immer und zitiert den General de Gaulle: „Je vous ai compris.“    

____________________________

Lena berichtet

Neulich im Stadtgarten und Ferienpläne

    Weiße Weihnachten sind Geschichte. Es sah echt schön aus im Stadtgarten. Die Welt wie verzaubert. Meine Leute begeistert von der Schönheit der Natur. Auf allen Wegen hörte man: Wie herrlich! Schau mal! Diese Hängebuche, wie ein Champignon!

   Ich fand auch alles wunderbar aussehend, war aber nicht enthousiastisch, denn es roch nach nichts. Der Schnee überdeckte alle Geruchsspuren. Meine Blase platzte fast, aber wo sollte ich mich lösen? Wo sollte ich meine Marke setzen?

Ich suchte. Unter einem Busch lag wenig Schnee, desto stärker duftete es nach Pippo. Ich ließ es laufen, wie herrlich.

   Hier wird klar, dass Dackel keine Schneehunde sind, sondern sich den ganzen Winter nach dem lieblichen Frühjahr sehnen.

Jetzt Mitte Januar sprießen schon die Schneeglöckchen. Ich dünge sie ein wenig.

Da treffe ich meine Freundin Babsi, auch eine Rauhaardackelhündin. Sie ist bester Laune:  „Wohin fährst du im Sommer in den Urlaub?“ – „Ich fahre nirgendwo hin, ich verbringe den Sommer in Euronat, das liegt an der französischen Atlantikküste.“  Babsi flippt aus: „Ich auch!“ – „So!“ entgegne ich. – „Ja, meine Mannschaft hat da ein Haus gemietet, mit Garten.“

Wie sollte ich reagieren? Sollte ich Babsis Begeisterung dadurch dämpfen, dass ich sagte: Ich bin halt schon da?

   Ich frage: „Wann fahrt ihr nach Euronat?“ –  „Den ganzen August! Man sagt, da sei es paradiesisch schön!“ – „Das stimmt, ein nicht zu warmes Klima, wenig Regen. Ein wunderbarer Hundestrand, warme Priele. Draufgänger springen auch durch die hohen Wellen. Ein duftender Kiefernwald mit Kaninchenbauten. Beschleunigungsfähige Katzen überall und Eichhörnchen auf allen Bäumen. Und Gerüche, wie jeder Dackel sie nur träumen kann. Ein Hundeparadies!“

Babsi staunt: „Du kennst das ja alles.“ – „Natürlich, dort verbringe ich den Sommer, seit ich lebe.“ Babsi wird verlegen: “Ich erinnere mich jetzt, du hast  davon erzählt. Aber ich höre nicht immer zu.“

   Wir gehen einige Meter, als wir Pippo, einem schweren  Gebirgsschweißhund mit kurzem braunem Fell und seinem völlig gleich aussehendem Herrchen begegnen.

   Pippo ist ungewohnt temperamentvoll: „Wisst ihr, wo ich im Sommer hinfahre?“ –„Nein, du hast gesagt, dass du nicht verreist. Es sei überall zu warm.“ – „Aber jetzt habe ich einen Tipp, in Frankreich am Meer. Dort gibt es Häuser, unter denen man sich aufhalten kann, nach allen Seiten offen. Und am Strand kann man Seehund spielen, indem man in einem Priel liegt.“  Lena ist alles klar: „Du reist also auch nach Euronat.“ – Babsi bellt: „Das kann doch nicht wahr sein! Da können wir was zu dritt unternehmen.“ – „So?“ knurrte Pippo, „Was denn?“ – „Zum Beispiel eine zünftige Kaninchenjagd.“ – „Ist das nicht zu anstrengend?“ Lena warf Babsi einen Blick zu. Diese verstand: “Brauchen wir uns nicht mehr mit abzugeben!“

   Pippo und sein Herrchen verabschiedeten sich: „Wir sehen uns!“     

 

_________________________________________

Lena berichtet

Was mich im neuen Jahr glücklich macht

–         ein voller Napf

–         Gesundheit

–         Spaziergänge bei schönem Wetter

–         Schlafen bei Regenwetter

–         „Zeitungslesen“ im Stadtgarten

–         Spielen mit den Kindern

–         Begegnung mit lieben Hunden

–         Interessierte Zuwendung stattlicher Rüden

–         Streicheleinheiten, vor allem von Ulli hinter den Ohren

–         Herrchens morgendliches Streicheln, verbunden mit der Feststellung: “Was bist du für eine liebe Lena!“ (mindestens 20 mal)

–         Anerkennung meiner Treue

–         Ungestörtheit meiner Morgenruhe (nach lobender Erwähnung der pflichtgemäß durchwachten Nacht)

–         Siesta nach hinreichender Mittagsmahlzeit

–         sonnige / schattige Gartenplätze in Euronat

–         Duft / Rauschen von Kiefern und Meer

–         leise Mozartmusik

–         offene Türen: volle Erreichbarkeit meiner Ruheplätze zu jeder Zeit

–         Teppich- oder Holzböden in Restaurants

–         Jagdglück: zumindest Beschleunigung von Kaninchen, Katzen und Eichhörnchen

–         Kreativität beim Verfassen meiner Geschichten

 

______________________________

 

Lena berichtet

Besuch der Großfamilie

Das grausame Schellen des Telefons reißt mich aus den schönen Träumen in der Herbstsonne. Ich sah gerade Bilder vom menschenleeren Strand in Euronat. Nur ein Möwenschwarm zeichnete bizarre Figuren auf den Sand. Ein Bild der Ruhe und des Friedens!

   Frauchen beendet das Telefongespräch und berichtet Herrchen: „Eva-Maria will uns auf dem Weg nach Spanien besuchen und hier die Nacht verbringen.“ Ich bin begeistert. Fünf Kinder! Was kann ich da lecken und mich kümmern. Wenn man schon keine eigenen Welpen hat, muss man jede Gelegenheit nutzen.

   Herrchen macht kein begeistertes Gesicht. „Wie hat sich Eva-Maria das denn gedacht! Sie sind zu siebt, das bedeutet neun Personen und ein Hund  in unserem bescheidenen Häuschen!“ Frauchen meint: “Wir beiden mieten uns ein Studio. Und die Großfamilie, zum Wandern auf dem Jakobsweg bereit, hat Schlafsäcke und kann sich überall niederlassen.“

  Unsere Nachbarn Ellen und Helmut erfahren von der angekündigten Invasion bei uns und bieten meinen Leuten ihr Besuchszimmer an. Feierlich werde ich zur Hüterin des Hauses ernannt.

   Der Tag der Ankunft der Großfamilie ist da. Gegen 15 Uhr höre ich den Bully auf dem Kies knirschen. Ich begrüße die Kinder herzlich feucht.

   Eine halbe Stunde später gehen wir zum Strand. Nach kurzer Zeit rennen die Kinder nackt Richtung Meer. Doch die Wellen lassen sie vorsichtig werden. Ich ziehe vor, zu Herrchen oben auf die Düne zu klettern. Wir lassen uns am Fuß des Rettungsturms nieder.

   Inzwischen sind alle Kinder nass. Die Wellen schäumen über ihre Köpfe hinweg oder werfen sie um. Die Geschickten tauchen unter ihnen durch. Bei jedem höheren Brecher rennen sie mit Gekreisch zurück. Der zweijährige Rasmus bleibt auf dem Arm seiner Mutter, was mich beruhigt.

   Allmählich geht mir die Schreierei auf die Nerven. Meistens handelt es sich um Freudengekreisch, aber auch Angstschreie sind zu hören, wenn die Wellen allzu bedrohlich sind. Ich kann es gar nicht mit ansehen, wenn ein Kind fällt und es ganz vom Wasser überspült ist. Die Vorstellung, mir könnte es passieren, lässt mich schaudern. Schon der Gedanke an nasses Fell ist mir unangenehm. Ich lege mich dicht zu Herrchen. Er krault mich beruhigend.

   Endlich bestimmt die Oma, dass es Zeit zum Abendessen ist. Eine lange Prozedur beginnt. Im Waschhaus wird geduscht. Da Handtücher fehlen, geht man unabgetrocknet nach Hause. Man ist ja Naturist.

   Auf unserer Terrasse sieht es bald so aus wie bei Hempels unter dem Sofa: Slips, Socken, T-Shirts, Hemden, Hosen, Schuhe, Spielsachen liegen verstreut herum. Schließlich wird aufgeräumt. Ich wundre mich, wie schnell das geht. Alle packen an.

   Das Abendessen verläuft erfreulich. Ich werde nicht vergessen und kann den Rest des Abends in Ruhe auf mich zukommen lassen.

   Als die Kinder im Bett sind, wird ihnen vorgelesen, natürlich altersgemäß. Das gefällt mir besonders gut. Ich liege dann unter dem jeweiligen Bett und höre zu, ist doch oft von kleinen Heldinnen und Helden die Rede, die alle Schwierigkeiten des Lebens meistern. Ich fühle mich gestärkt.

   Schließlich wird Bettruhe angeordnet. Der Kleinste schläft schon, aber Sara hat Probleme: „Frederick zieht mir immer die Decke weg!“ – „Joschi spricht immer von Hexen, die uns überfallen, sobald das Licht aus ist.“ Ich lege mich mitten ins Zimmer, um zu sagen, dass ich aufpasse und die Kinder bewache. Die Zeit wird mir lang. In meinem Körbchen wäre es gemütlicher. Aber ich, Hüterin des Hauses, harre aus.

Schließlich sagen meine Leute „Gute Nacht“ und suchen die Nachbarn auf. Eva-Maria und Philipp verschwinden im Schlafzimmer. Es ist ruhig und bleibt ruhig. Die Grillen zirpen. Ich schlafe ein und schlafe, bis ich Schritte auf dem Kies höre. Es ist schon hell. Die Großfamilie hat bestens geschlafen. Ein kräftigendes Frühstück schließt sich an.

   Als die Familie nach Spanien hin aufbricht, winken wir heftig. Wir sind traurig und freudig gleichzeitig.

Später höre ich, dass die Nacht bei uns die entspannendste während der Woche auf dem Jakobsweg war. Wie gut, dass sie diese Erholung vor den Anstrengungen gehabt haben.  

 

__________________________________

 

Lena berichtet

Weiße Weihnacht

   Hurra! Es schneit schon den ganzen Tag. Ich liege vor der Terrassentür und betrachte den Flockenwirbel. Immer höher wird die Schneeschicht auf den Bäumen. Alles sieht so festlich aus. Unser Weihnachtsbaum auf der Terrasse verbreitet in der Dämmerung ein hehres Glänzen. Es schneit unaufhörlich.

   Frauchen ruft: „Lena, auf’s Sträßchen!“

   Ich bin nicht begeistert. Da komme ich ja als Schneehund zurück. Aber Frauchen lässt nicht locker: „Komm, Du musst dich lösen!“

   Ich empfinde den Schnee als unangenehm nass. Der Wind heult und jagt die Flocken in mein Fell. Jetzt hilft kein Zögern. Schnell laufe ich dahin, wo ich das Beet vermute, hocke mich hin und lass es laufen. Dann aber zurück! Rascher als der Wind bin ich im Haus und schüttele mich. Die Nässe spritzt aus dem Fell

   Wiederum schaue ich aus dem Fenster. Es schneit kräftig. Ob wir morgen noch aus dem Haus kommen?

   Als ich am nächsten Morgen wach werde, ist es ungewöhnlich hell. Klar: der Schnee! Immerhin hat der Flockenwirbel aufgehört.

   Die Sonne geht auf. Märchenhaft sieht unser Garten aus. Wie ein Zaubergarten!

   Ich brenne darauf, raus zu kommen, stelle mich vor die Haustüre und junxse. Herrchen öffnet die Tür und lässt mich in den Garten, den ich mehrmals durchjage. Der Schnee stiebt nach allen Seiten. Dann wälze ich mich, springe auf, schüttele mich und renne wieder los. Herrlich! Weiße Weihnacht, für einen kleinen Hund ein Erlebnis , das die weihnachtliche Freude, aber auch den Zauber des Festes zum Ausdruck bringt.

___________________________________________

 

Lena berichtet

 

Der Rabe Jakob

Unser Nachbar Dieter, gerade in Euronat angekommen, sagt uns guten Tag. Er erzählt, dass er einen Raben mitgebracht habe, der zu Hause in Deutschland aus dem Nest gefallen sei und den er jetzt aufzieht.

   Neugierig gehen wir zu seinem Haus. Ich werde an die Leine genommen. „Damit du dem Raben nichts tust,“ meinte Frauchen. Ich bin etwas beleidigt. Raben sind gar nicht mein Fall. Sie sehen nicht sehr schön aus, und ihr Krächzen ist sogar hässlich.

   Jakob, so heißt der Rabe ungewöhnlicherweise, sitzt neben seinem Käfig und pickt etwas auf. „Ich habe ihm Leberkäs und Spätzle gegeben,“ erklärt Dieter. Man kommt aus Schwaben.

   Ich ziehe an der Leine, um dem Vieh näher zu kommen. Leberkäse schmeckt mir auch, vor allem als Zwischenmahlzeit. Ich mache einen Versuch. Mit lautem Bellen reiße ich an der Leine. Jakob erschrickt, fliegt ein wenig auf und hüpft dann über den Boden, um sich in einer Kiefer in Sicherheit zu bringen.

   Gegen Abend des nächsten Tages liege ich dösend in unserem Garten. Ein Krächzen weckt mich. Da sitzt Jakob auf unserem Gartentisch und hält Ausschau. Ich überlege, ob ich ihn vertreiben soll. In dem Moment sehe ich, wie Lune, die Katze der Nachbarin, sich heranschleicht. Völlig lautlos weiß sie sich zu bewegen, den Blick gierig auf Jakob gerichtet. Der krächzt abscheulich, dreht sich um und wendet Lune den Rücken zu. Er ist sich keiner Gefahr bewusst. Auch mich nimmt er nicht wahr. Ist solch Verhalten nicht degenerativ?

   Lune schleicht auf ihren Samtpfoten. Jakob merkt nichts. Was soll ich tun? Auf den Tisch kann ich nicht so schnell springen. Für Lune ist es eine Kleinigkeit. Soll ich sie gewähren lassen? Schließlich ist mir ein Rabe nicht unbedingt schützenswert, wie ich das mit den Wiedehopfen gemacht habe.

   Lune schleicht. Gleich springt sie. Und das wäre Jakobs Ende. Was tun? –

Mit lautem Bellen stürze ich mich auf Lune. Sie schafft es, vor mir zu fliehen. Ich verfolge sie, wohl wissend, dass ich sie nicht kriege.

   Als sie in die Flucht geschlagen ist, wende ich mich Jakob zu.  Er sitzt immer noch auf dem Gartentisch.  Was ist der blöd!  Er krächzt. Ich belle und frage ihn: „Meister Jakob, schläfst du noch?“ Er schaut mich verwundert an. Soll ich ihm nach der La – Fontaine – Methode Komplimente machen und loben, wie gut er fliegen kann, damit wir ihn loswerden? Ich glaube, das versteht er nicht. Also entschließe ich mich, eine Scheinattacke einzuleiten. Mit meinem aggressivsten Bellen springe ich auf die Bank vor dem Tisch. Jakob zeigt nun doch Fluchtverhalten. Er hüpft davon. Ich verfolge ihn ein wenig. Er verschwindet hinter den Mimosenbüschen und wird nie mehr bei uns gesehen.

 

________________________________

Jule berichtet

Jule zurück

Also, wir sind wieder zurück in heimatlichen Gefilden. Aber so richtig freut sich bei uns keiner darüber. Klar, wir sehen die, die sonst zu weit weg waren, aber ob man dafür den weiten Weg machen musste, ich weiß nicht. Dazu gibt es hier jede Menge Stress, den ich schon vergessen hatte. Gibt es hier Busse, groß wie Scheunen, die machen mir nicht mal Platz. Im Gegenteil, die sind richtig gefährlich. Mag ich nicht. Dann haben wir einen Postboten, von dem meine Obrigkeit ganz begeistert ist. Kann ich nicht verstehen, der kommt immer angejagt, als ob ihm unser Haus gehört und tut dann beleidigt, wenn er meinen Kommentar dazu hört.

Stress hab ich auch mit der Fußbodenheizung. Können Sie vielleicht nicht verstehen, ist aber ein Problem. Stellen Sie sich mal vor, Sie hätten meinen Pelz und müssten sich damit auf warme Fliesen legen. Brr und Igittiggitt. Glücklicherweise bin ich ja clever, was meiner Obrigkeit übrigens gut gefällt.

Mal ein Beispiel. Gegen die warmen Fliesen kann ich ja nichts machen, aber ich weiß ein paar Stellen, wo das anders ist. Zum Beispiel direkt vor der Haustür. Da geht immer ein Lüftchen drunterher, das mir angenehm ist. Und dann noch die Treppe nach oben. Keine Fußbodenheizung. Super. Dazu noch Treppenstufen zum Verlieben. Mein Lieblingsplatz. Wenn es gar nicht anders geht, lege ich mich auf den Teppich im Wohnzimmer. Der isoliert super nach unten. Dass da noch keiner drauf gekommen ist, dass Teppich und Fußbodenheizung eigentlich keinen Sinn gibt, wenigstens nicht zusammen, wundert mich schon. Aber mich fragt bei so was ja keiner.

Aber noch ein Beispiel, warum meine Obrigkeit gern und allen sagt, dass ich ein cleverer Hund bin. Wird dabei sogar gesagt, ich könnte schlussfolgernd denken. Gut, oder etwa nicht? Vorweg ein Bekenntnis: Ich bin ziemlich verfressen. Ich nehme nicht alles, aber es gibt wenig, was ich liegen lasse. Ich mag besonders hart gewordene Baguettestücke. Hmm, richtig gut, die krachen so schön. Schmecken richtig geräuschvoll gut. Aber jetzt stellen Sie sich mal vor, Sie kriegen so ein leckeres supertrockenes Baguettestück auf einer Holzterrasse, mit lauter Ritzen zwischen den Brettern. Wenn Sie da eine trockene Baguette verputzen wollen, dann fällt Ihnen die Hälfte, vielleicht auch etwas weniger, zwischen die Ritzen und ist weg. Haben Sie eine Idee, wie man dann den vollen Genuss sichert. Nein? Na dann gebe ich Ihnen mal einen Tipp. Gehen Sie mit Ihrem knochentrockenen Baguettestück einfach auf einen Teppich oder einen Abtreter, der auf der Terrasse liegt, und zermalmen Sie da Ihre Baguettestück. Sie werden sehen , dass die Krümel auf Teppich oder Abtreter liegen und nachher sauber abgeleckt werden können. Kein Schwund durch Terrassenritzen. Daher clever, aber darüber haben wir ja schon gesprochen.

Ist auch klar, warum meine Obrigkeit sagt, ich könne schlussfolgernd denken? Besser ist, wenn es klar ist, aber ich erkläre es gerne ausführlicher. Jetzt muss ich aber erstmal weg. Der Postbote ist schon wieder da. Heute hat er sogar geklingelt.

_________________________

Lena berichtet

Lena: Eine Erziehungsmaßnahme

Ich bin inzwischen in einem Alter, in dem man anfängt, über sich und das Leben als solches nachzudenken. Dann reflektiere ich mein Verhältnis zu anderen Hunden und zu den Menschen. Und ich muss sagen, dass ich mich als wohl erzogen und beliebt bei meiner ganzen Umgebung fühlen kann. Ich bin allen Hunden und Menschen freundlich gesonnen. Ausnahme: Katzen, Kaninchen und Eichhörnchen.

Meine Leute schwärmen zuweilen von mir: „Die Lena ist so gut erzogen, sie kann überall frei laufen. Am Haus in Euronat scheint sie genau die Grundstücksgrenzen zu kennen. Ein sehr angenehmer Hund!“ Das höre ich natürlich gern. Doch ich muss zugeben, das war nicht immer so.

Ich erinnere mich an Begebenheiten, da waren meine Leute gar nicht zufrieden mit mir. Ich liebte es nämlich, unter das Haus zu kriechen. Da roch es so herrlich nach Mäusen, Katzen und Kaninchen. Ich lebte in der Hoffnung, einmal Jagdglück zu haben. Ich verstand auch nicht, warum ich mich nicht unter dem Haus aufhalten sollte, war ich doch anwesend und nicht abgehauen. An einem Tag schaltete ich auf stur. Ich kam einfach nicht unter dem Haus hervor trotz freundlicher „Komm, Lena!“ und schließlich energischer „Hier!“ Das dauerte.

Ich hörte, wie meine Leute fluchten. Plötzlich hatte Frauchen eine Idee: „Wir holen Ben.“

Ben war mein Freund, ein prächtiger Jagdhund. Wir liebten uns und hatten viele Pläne für gemeinsames Jagen.

Ben wurde also geholt. Freudig verließ ich meinen Unterschlupf und begrüßte Ben liebevoll, indem ich an ihm hochsprang und mit ihm spielen wollte. Da Ben an der Leine war, konnten wir uns nicht selbständig machen. Frauchen sagte: „Das hat also geklappt.“ und legte mir auch die Leine um. Es wurde nicht geschimpft. Ich vermisste aber meine Freiheit, und so beschloss ich, mich erziehen zu lassen und hörte auf, unter dem Haus mein Jagdglück zu erhoffen, zumal Ben gar nicht mit mir unters Haus passte. Er war zu groß. Ein prächtiger Jagdhund, dem ich zum Teil meine gute Erziehung verdanke.

 

 _________________________________________

Lena berichtet

Lena: Ich bettele wirklich nicht mehr.

Meine Leute haben immer gesagt: „Unser Hund bettelt nicht!“ Siehe meine Geschichte mit diesem Titel. Und ich habe es immer geschafft, etwas zu kriegen. Meiner Jammermine konnte keiner widerstehen. Einmal habe ich bei einem Aperitif, als Gäste da waren, neun Scheiben Wurst fressen können. Jeder wollte mir was geben, als er meinen schmachtenden Blick wahrnahm. Kein Essen, bei dem ich nicht einen Bissen gereicht bekam!

Und die Folgen?

Ich wurde dicker und fauler und schließlich krank. Ich hatte wahnsinnige Schmerzen, aß nichts mehr, auch nicht die besten Steakstückchen. Ganz apathisch lag ich da. Meine Leute wussten: Lena ist krank.

Ohne Termin zum Tierarzt. Lange Warterei. Schließlich untersuchte mich eine sehr sympathische Ärztin. Sie äußerte den Verdacht: „Das kann die Bauchspeicheldrüse sein.“ Sie nahm mir Blut ab und gab mir eine Spritze gegen die Schmerzen. Meine Leute bekamen noch weitere Medikamente für mich mit. Es ging mir etwas besser. Doch am nächsten Tag hieß die Diagnose wirklich: Bauchspeicheldrüsenentzündung, 3-4 Tage Tierklinik. Ich war entsetzt. Meine Leute brachten mich sofort hin. Die nette Tierärztin setzte mich in einen Käfig und legte mir einen Tropf an. Der Höllenaufenthalt begann. Ich hatte zwar keine Schmerzen mehr, fühlte mich aber sehr einsam. Meine Blase wurde durch die Infusion immer voller. Ich musste. Schließlich ließ ich alles laufen. Eine erniedrigende Situation!

Man machte mir den Käfig frisch. Niemand schimpfte. Ich dachte an meine Leute. Und vermisste sie so!

Am nächsten Tag rasierte man mir den Bauch. Allerlei Apparate wurden angesetzt. Bedenkliche Mienen! Offensichtlich eine ernsthafte Erkrankung! Ich dämmerte für mich hin. Wäre ich doch zu Hause!

Weitere Untersuchungen.

Die schreckliche Zeit dauerte vier Tage.

Endlich sagte meine Ärztin: „Du darfst nach Hause!“

Und meine Leute warteten. Wie groß war meine Freude! Minutenlang musste ich ihnen erzählen, was ich gelitten habe. Dann die Belehrungen: Kein Fett, am besten nur Diätfutter aus Dosen, die wir gleich als ganze Palette erhielten.

Tabletten!

Im Auto schaute ich Frauchen dankbar an, Immer wieder musste ich erzählen, wie ich gelitten habe.

Zu Hause große Freude. Ich raste durch alle Räume. Dann sollte ich fressen. Diätfutter aus der Dose! Ich roch dran. Widerwärtig! Ich wandte mich ab. Frauchen wirkte ratlos. Schließlich setzte sie einen Topf auf. „Hähnchenbrust ist auch so gut wie fettfrei. Sie kochte das Fleisch mit Kartoffeln und Karotten. Es schmeckte himmlisch. Und dabei blieb ich. Ich wurde schlanker, wendiger, lebensfroher. Die Krankheit war überwunden!

Und ich beschloss: Ich bettele wirklich nie wieder.

____________________________________

 

Jule berichtet (13)

 Die Brücke von Beaugency

Wer sich die Brücke anschaut, die heutzutage in Beaugency über die die Loire führt, hat zwei Möglichkeiten: entweder er guckt nur kurz und desinteressiert, dann fällt ihm nichts auf, oder er sieht wirklich genau hin, und dann fällt ihm einiges auf. Sie/Er merkt dann, dass mit dieser Brücke irgendetwas nicht ganz im Lot ist. Und wer das merkt, der hat genau erfasst, dass bei dieser Brücke tatsächlich nicht alles so ist, wie  es sein sollte.

Wir haben jedenfalls genau hingesehen und uns gefragt, was bei dieser Brücke auffällig ist. Da wir das auch nicht sofort gemerkt haben, haben wir beschlossen, der Sache auf den Grund zu gehen. Wie Sie alle wissen, steht in dem Organigramm unserer Redaktion, dass ich für alles, was mit Recherche zu tun hat, zuständig bin. Mach ich wirklich gern, obwohl es manchmal noch mehr Spaß macht, Beschwerden zu bearbeiten. Dafür hab ich nämlich auch so einige Argumente, aber das ist ein anderes Kapitel.

Also, hab ich mich daran gemacht, das auszugraben, was mit der Entstehung dieser Brücke zu tun hat. Dabei brauchte ich gar nicht lange zu suchen, denn schon der erste Einwohner von Beaugency, den ich befragt habe, hat mir alles haarklein erzählt.

Ich schreib das mal so auf, wie ich es gehört habe. Also, da war das Städtchen Beaugency, und das lag an der Loire. Da liegt es auch heute noch, aber heute hat man eine Brücke, mit der man von einer Seite der Loire auf die andere kann. Praktisch, aber längst nicht selbstverständlich. Über viele Jahrhunderte konnte man nämlich nicht so einfach über die Loire, weil es keine Brücke gab. Und da haben die Stadtväter in Beaugency überlegt, was zu tun war. Da die damals auch schon ganz schön pfiffig waren, wussten sie nach ein paar Minuten, dass die Lösung ihres Problems eine Brücke war. Dann hat einer gesagt, dass so eine Brücke ganz schön was kostet, und der Bürgermeister, der eine Schwester auf der anderen Loireseite hatte, hat geseufzt und gesagt, dass das genau der Punkt war, an dem er graue Haare kriegte. Denn, so sagte der Bürgermeister noch, Geld war das einzige, was man in Beaugency nicht hatte. Ende der Beratung, alle nach Hause.

Auf dem Heimweg sprach den Bürgermeister ein Fremder an und sagte, er habe gehört, dass man in Beaugency eine Brücke bräuchte, dass dafür aber das Geld fehlte. Er hätte da so eine Idee. Tuschel, tuschel, tuschel.

Ich habe, wie das so meine Art ist, kräftig nachgebohrt, und dabei kam folgendes heraus: Der Fremde hat dem Bürgermeister angeboten, die besagte Brücke zum Nulltarif, und das noch in einer einzigen Nacht, zu bauen. Das sei jedoch nicht ganz umsonst. Und, fragte der Bürgermeister, was der Fremde denn haben wolle. Sagte der, die erste Seele, die die neue Brücke überquert. Der Bürgermeister glaubte nicht richtig zu hören, denn das schien ihm ein überaus gutes Geschäft zu sein. Er fragte nur, ob man sofort einen Vertrag machen könnte. Sagte der Fremde, ja natürlich. Und das passierte dann auch.

Danach ging der Bürgermeister langsam und hochzufrieden nach Hause. Da war es dann allerdings mit dem Frieden zu Ende, denn seine Frau fragt ihn ziemlich grob, wo er denn jetzt noch herkäme. Der Bürgermeister holte weit aus und erzählte. Als er an der Stelle ankam, an der er das Geschäft wegen der Brücke abgeschlossen hatte, guckte ihn die Frau Bürgermeisterin jedoch nicht so an, wie er das erwartet hatte, denn die sagte nur, das sei mal wieder typisch. Was denn, fragte der Bürgermeister. Sagte die Bürgermeisterin, na, dass er mal wieder übers Ohr gehauen worden sei. Wer, bitte schön, baute schon eine Brücke, noch dazu über die Loire, und wollte dafür kein Bargeld sehen. Höchst verdächtig, wenn da mal nicht der Teufel im Spiel sei. Der Bürgermeister, der sowieso nicht viel Selbstvertrauen besaß, sagte dann, ihm sei bei seinem Gespräch wegen des Brückenbaus schon unbehaglich gewesen, denn der Fremde habe irgendwie gerochen. So schweflig etwa, fragte die Bürgermeisterin. Ja, sagte der Bürgermeister, und seine Frau fragte weiter, war denn der Fremde auch schlecht zu Fuß? Ja, sagte der Bürgermeister, der hinkte, und er schien einen Fuß zu haben, der nicht ganz so wollte wie er.

Da holte die Bürgermeisterin tief Luft und sagte laut und deutlich ein paar Dinge, die ich wegen der aktuellen Datenschutzlage nicht weitergeben darf. Ich blende uns da wieder ein, wo die Bürgermeisterin sich beinahe beruhigt hatte, was aber nicht hieß, dass sie ruhig war. Sie sagte ihrem Mann klipp und klar, dass er sich etwas einfallen lassen müsste, sonst, na ja, er wisse schon. Dem Bürgermeister fiel aber nichts ein, er wurde immer mutloser und seine Frau immer resoluter. Schließlich sagte sie, also, wenn er keine vernünftige Idee hätte, sie hätte da einen Vorschlag. Wieder tuschel, tuschel, tuschel.

Am nächsten Morgen stand der Bürgermeister zeitig auf, um nachzusehen, wie es um die Brücke stand. Die stand tatsächlich da, wo am Vortag noch keine Brücke gewesen war, ziemlich genau so, wie man sie heute noch sehen kann. Und am anderen Ende stand der Fremde und schaute gespannt auf die Brücke. Klar, der wartete auf seinen Lohn. Dem Bürgermeister war mulmig zu Gemüte, aber er wusste, dass er handeln musste, denn weder mit dem Fremden, das dachte er sich, noch mit seiner Frau, das wusste er aus Erfahrung, war zu spaßen. Der Bürgermeister ging also auf die Brücke zu, machte eine Tasche auf, die er über die Schulter trug und setzte eine schwarze Katze auf die Brücke. Kaum saß die da, kam einer von meinen Vorfahren und jagte dem armen Tier einen solchen Schrecken ein, dass das wie ein gut geölter Blitz über die Brücke schoss, mitten auf den gierig guckenden Fremden zu. Als der die Katze sah, war ihm schlagartig klar, dass er hereingelegt worden war. Aber, Vertrag ist Vertrag, die Brücke war ja gebaut und der Vertrag wenigstens formal erfüllt worden. Trotzdem war er wütend wie schon lange nicht mehr. In seiner Wut ließ er die Katze aus den Augen, die an ihm vorbei jagte und im Schilf verschwand. So hatte der Fremde nicht mal die Katzenseele gekriegt, auch deswegen trat er mit seinem Klumpfuß gegen die Brücke, sonderte eine Menge Schwefel ab und verschwand.

Die Katze tauchte bald darauf beim Bürgermeister auf und sah den anklagend an. Das sah die Bürgermeisterin und sie verdonnerte ihren Gemahl dazu, dieser Katze bis an das Ende ihrer Tage ein sorgenfreies Leben zu bereiten. Was der dann auch tat. Und als die Katze sich zu ihren Vorvätern versammelte, wurde sie an einer Stelle begraben, an der sie einen unverbaubaren Blick auf die Brücke hat. Hat sie verdient, oder?

Übrigens, dass der seelengierige Fremde der Brücke einen mächtigen Tritt verpasst hat, das können Sie noch heute sehen. Schauen Sie sich das Bild der Brücke noch mal genau an. Stimmt’s?

Schließlich noch ein Tip: Wenn Sie mal nach Beaugency kommen (sollten Sie übrigens unbedingt tun), fragen Sie die Eingeborenen, was die über die Entstehung der Brücke wissen. Hören Sie ruhig zu und denken Sie sich ihr Teil. Wenn die Ihnen nicht haarklein das erzählen, was ich aufgeschrieben habe, dann sind das Zugereiste, also keine echten Beaugenciens. Die wissen natürlich diese Dinge nicht so richtig. Aber seien Sie taktvoll, sagen Sie denen nicht, dass  Sie erkennen können, wer zugereist ist. Sie wollen doch niemanden traurig machen, oder?

Wenn Sie sich die Bilder der Brücke anschauen wollen, dann klicken Sie hier.

___________________________________

Jule’s Ecke (12)

Euronat ist schöner

Also früher, da gab es einen Spruch, den ein begnadeter Euronat-Fan erfunden oder zumindest breitflächig eingesetzt hatte, in dem es hieß, das Paradies sei noch nicht ausverkauft. Nun habe ich ja mit ein-, aus-, und verkaufen nichts im Sinn, geht ja auch nicht, da müsste man ja bisweilen was unterschreiben, und?

Aber bei Empfinden, da kann ich mithalten, denn Euronat ist schon was Feines. Wie schnell man da in der Natur ist, das ist schon was. Und dann, für unsereins, da gibt es einen Strand, nicht ganz allein für mich, aber für alles, was wasserfest ist und vier Hundebeine hat. Und das, das ist etwas, wofür ich meine Obrigkeiten jeden Umweg machen lasse. Denn, nehmen wir mal zum Beispiel die Ostsee. Da gibt es auch Hunde, Wasser und Strand, aber das funktioniert ganz anders. Guck ich da mal aufs Wasser, kommt sofort einer und sagt, was das kostet. Guck ich eben nicht aufs Wasser. Kostet auch was, denn nicht aufs Wasser gucken ist auch gebührenpflichtig.

Und dann der Strand, also da ist an der Ostsee eher Verwaltung des Mangels, denn die bringen ja nicht mal eine ordentliche Ebbe zustande. Da ist der Strand immer mickerige zehn bis elf Meter fünfzig breit. Mehr schaffen die nicht. Die müssten mal zum Euronat kommen. Nein, lieber nicht, die gingen gar nicht mehr weg, die holten ihre Gebührentafel raus und fingen an zu kassieren. Da hätten die dann allerdings schlechte Karten, denn dann würde ich meine Kumpane mobilisieren und dann, also bleibt lieber an der Ostsee und plündert da die Sommergäste aus.

Aber nochmal zum Paradies. Da haben wir einen Strand, bei Ebbe breiter als so mancher gucken kann, der ist einfach so da. Da kann man buddeln, Höchstgeschwindigkeitstests machen, ins Wasser toben, also einfach obersuper. Und das bei Himmel wolkenlos blau, Sand und Sonne für alle. Manchmal denke ich so, was wäre, wenn da einer käme, der das alles gebührenpflichtig machen würde. Na, der soll ruhig kommen, dem würden wir schon zeigen, wohin er flüchten muss, Richtung Westen, dann wären wir ihn bald los. An der Ostsee würde das nicht funktionieren. Wegen der Entfernungen. Da ist hinter der nächsten Ecke schon wieder eine Insel oder so etwas.

Ist jetzt klar, warum wir am Atlantik sind? Wenn nicht, Sie kennen ja unsere eMail-Adresse.

______________________

Lena berichtet

„Unser Hund bettelt nicht“

 

„Lena, du bekommst nichts am Tisch, das weißt du doch!“

Was meine Leute immer reden! Sie lügen, ohne rot zu werden. Ich bekomme oft etwas. Da habe ich meine Methode. Ein Milchtritt, der bei mir ein Schnauzenstoß ist, und ein Hungergesicht, und schon gibt’s was. Ein Hungergesicht ist übrigens eine ganz ernste, sehnsuchtsvolle Miene, die gleichzeitig ein wenig vorwurfsvoll  („Ihr fresst und gebt nichts ab!“) und Mitleid erregend ist. Mein Herrchen sagt immer: “Nie ist die Lena so hübsch, wie wenn sie bettelt. Unwiderstehlich!“ Frauchen: „Ich denke unser Hund bettelt nicht.“

Auf jeden Fall habe ich mit meinem Hungergesicht – es ist übrigens schwer zu erlernen – und den Wadenstupsern schon manchen Brocken erhalten, auch wenn Frauchen sagt: „Wir haben uns doch vorgenommen, Lena nichts mehr am Tisch zu geben, seien wir doch mal konsequent!“

Wenig konsequent ist es, dass meine Leute mich manchmal drängen, etwas aufzusuchen, was ihnen hingefallen ist. Ich bin natürlich bereit zu helfen. Das habe ich schon bei den Enkelkindern gern gemacht, als sie im Hochstühlchen saßen.

So werde ich zum Fressen am Tisch bestellt. Und dann heißt es wieder „Unser Hund bettelt nicht!“

Der Satz scheint sie zu beruhigen und von ihren Inkonsequenzen abzulenken.

 

Heute Abend kommen scheinbar wieder Gäste. Dann werde ich wieder meine Erfolge haben, übrigens auch bei jemandem der seinem Hund nie am Tisch etwas gibt. So gut ist meine Methode.