Euronat-Gelände vor Euronat

Das Euronat-Gelände vor der Eröffnung von Euronat

(Aktualisierung 07. April 2013: Karten)

Karten aus der Zeit vor dem Tourismus


Wir stellen  Ausschnitte aus einer Generalstabskarte vor, die den nördlichen Teil des Médoc zeigt. Die Karte ist in der Zeit zwischen 1840 und 1846 aufgenommen worden, in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts aktualisiert und 1888 gedruckt worden. Hier ist zu sehen der Bereich zwischen Grayan und Le Gurp im Norden und dem heutigen Euronat und L’Hôpital im Süden. Die Karte verdeutlicht, dass die Landschaft seit der Aufnahme der Karte in vielfacher Beziehung umgestaltet worden ist. Eine der Auffälligkeiten ist die Tatsache, dass es nur wenige Verkehrswege gab. Das waren außerhalb der Orte meist einfache, unbefestigte Sandwege, die von Fuhrwerken kaum genutzt werden konnten. Das heutige Straßen- und Wegenetz hat diese alten Wege nur gelegentlich benutzt.

Vergrößerter Ausschnitt: Le Gurp im Norden, im Süden die Örtlichkeit, an der sich heute Euronat befindet. In Le Gurp gab es einen Zollposten, im heutigen Euronat-Bereich ist eine Fischerhütte eingetragen.

Der Küstenabschnitt nördlich von Le Gurp. Auch hier sieht man, dass es nur wenige Waldflächen gab. Vorherrschender Landschaftstyp ist eine ziemlich offene, von einzelnen Bäumen, Gestrüpp und Unterholz bestandene Fläche, auf der  extensive Landwirtschaft betrieben wurde.


Das heutige Euronat-Gelände

Der Weg von L’Hôpital zum heutigen Euronat-Gelände verlief deutlich anders als die heutige Straßenverbindung.

 


Ausschnitt aus einer modernen Straßenkarte. Die Verbindungen zwischen den Orten folgen fast durchgehend nicht den alten Fuß- und Maultierpfaden.

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Die erste Badestation in Dépée

Die ersten Hinweise auf das Gebäude, das lange vor Euronat in der Gemarkung Dépée gestanden hat, haben wir durch die Postkarten, die wir etwas weiter unterhalb gezeigt haben, bekommen. Dann haben wir, weil wir herausfinden wollten, wo dieses Gebäude gestanden hat und wie es zumindest in etwa ausgesehen hat, angefangen zu fragen und herumzuhorchen. Das, was wir dabei herausbekommen haben, war nicht viel, aber es hat uns geholfen, unsere Suche einzugrenzen auf ein bestimmtes Gebiet. Und da haben wir sachliche Überreste gefunden, die  auf das  gesuchte Gebäude zurückgehen. Weitergebracht haben uns dann Informationen von Jean-Pierre Salles, der aus intimer Kenntnis von Land, Leuten und Geschichte der Region Lücken gefüllt hat, die wir ohne ihn auch heute wohl noch hätten.

Von unserer  Expedition Anfang 2010 haben wir ein paar Steine mitgebracht, die uns wichtige Aufschlüsse gaben.

 

Einer von drei oben gezeigten Steinen in Vergrößerung. Zu sehen ist, dass der Ziegel in einer von Hand glattgestrichenen Form entstanden ist. Das Format des Ziegels weist auf die Entstehungszeit des von uns gesuchten Gebäudes hin. Wir werden weiter nachforschen und über unsere Ergebnisse berichten. Im Moment spricht mehr dafür, dass wir unseren Fund an dem Ort des gesuchten Gebäudes gemacht haben als dagegen.

 

Ortsbesichtigung im Mai 2010

Fundamentreste am Fuß der Dünen zwischen Euronat-Hauptstrand und Bunkern.

 


Wechsel der Blickrichtung

 

Details eines Fundamentfragments

 


Blick von unten nach oben

 


Die Stelle, von der die unten auf dem Strand liegenden Brocken abgebrochen sind.

 

Bei genauerem Zusehen lassen sich an vielen Stellen Reste von Mauerwerk ausmachen.

 

Erneuter Fototermin Anfang Oktober 2011


Die weiter oben zu sehenden dicken Brocken liegen unter der aufgeschütteten Liegefläche.

 

Die Fundamentreste oben auf der Düne

 

Blick über die Fundstelle hinweg auf die Bunker.

 

Das Gebäude, dessen Fundamentreste auf den vorangegangen Bildern zu sehen sind, lag auf dem heutigen Euronatgelände unweit der Stelle, an der die einst von Grayan nach Montalivet führende Straße in der Nähe des Strandes einen rechtwinkligen Knick Richtung Süden macht. Diese später geteerte Straße ist heute noch im Euronat-Gelände erhalten. Es handelt sich um die Hauptachse, die zum Hauptstrand führt und dann kurz vor dem Dünenstreifen nach Süden abknickt.

Das gesuchte Gebäude lag wenige Meter hinter dem heutigen Hubschrauberlandeplatz. Zur Zeit seiner Errichtung trennte es ein gehöriger Abstand von der Dünenkante. Es erstreckte sich in seiner Hauptausdehnung etwa parallel zu der zum Strand führenden Straße. Teile der Fundamentmauern sind durch die fortschreitende Erosion bereits auf den Strand gestürzt. Sie liegen dort zumeist unter der aufgeschütteten Liegefläche direkt am Fuß der Dünen. Auch die oben auf der Düne übrig gebliebenen Mauerreste sind vom Sand zugedeckt worden. Das aufgehende Mauerwerk, vom dem auf den unten gezeigten Postkarten noch umfangreiche Partien zu sehen sind, ist verschwunden. Wohin, ist nicht zu ermitteln, wahrscheinlich ist die Ruine als Steinbruch genutzt worden und hat zur Errichtung anderer Baulichkeiten Beiträge geleistet.

Über die Gestaltung des Gebäudes ist nicht mehr viel in Erfahrung zu bringen, wenn auch Grundsätzliches zu erschließen ist. Das Etablissement wurde von einem wagemutigen Unternehmer namens Dépée (eventuell auch d’Épée geschrieben) kurz nach 1820 errichtet, also in der Zeit, in der in Anlehnung an englische Vorbilder erste Badestationen an den französischen Küsten entstanden. Gebadet wurde damals übrigens nicht im Meer, sondern in großen hölzernen Wannen, die in beheizbaren Gebäuden standen, wo Meerwasser auf angenehme Temperaturen erwärmt werden konnte.

Nach heutiger Einschätzung war der Standort gut gewählt, zur Zeit der Errichtung der Anlage fehlte es jedoch an einer zumutbaren Verkehrsanbindung. Es gab noch keine Eisenbahn, die kam erst Jahrzehnte später in das Médoc, und auch mit Straßen sah es mit Ausnahme einer einzigen Hauptstrecke von Bordeaux zur Pointe de Grave schlecht aus. Der Herr Dépée war mit seiner Idee der Zeit weit voraus und er hat dies mit einem herben finanziellen Verlust bezahlen müssen. Für sein Vorhaben, inmitten der Dünen, weitab von jeder Ansiedlung, einen einträglichen Badebetrieb aufzubauen, gab es noch keine Nachfrage. Erst mehr als eine Generation später regten sich in Montalivet erste Anzeichen für die Errichtung eines Badeortes.

Wir verstehen dies als Zwischenbericht, der Ergänzungen erhalten soll.

(UM, Okt. 2011)

Nachtrag vom 29. April 2012

Das Badeetablissement, dessen Überreste wir oben gezeigt haben, wurde 1835 von Antoine d’Épée erbaut Er war seit 1825 Bürgermeister von Saint-Vivien und von Beruf Hotelier. Er suchte bei der Gemeinde Grayan um die Genehmigung nach, an dem Ort, der damals „la Pêcherie de la Pinasse“ hieß, ein Gebäude errichten zu dürfen, in dem  Bäder in Meerwasser genommen werden könnten. Die Gemeinde Grayan hielt den von Mr. d’Épée ausgesuchten Ort für so wertlos, dass man ihm die Genehmiung zu seinem Vorhaben erteilte, ihm aber keine Pacht abverlangte.  Das Geäude am Ozean war offensichtlich kein wirtschaftlicher Erfolg, wobei man sich heute fragen mag, woher die von Mr. d’Épée erhofften Badegäste kommen sollten. Eine halbwegs zumutbare weg- oder straßenmäßíge Anbindung gab es jedenfalls nicht. Und die Bahn kam erst Jahrzehnte später. Das Gebäude ist nach dem Tod seines Besitzers um 1863 aufgegeben worden und war um 1900 nur noch eine Ruine.

Über ihren Zustand im Jahre 1887 berichtete eine Reisender:

„… an der niedrigen und sandigen Küste erheben sich,. halb unter dem Sand begraben, die Ruinen von d’Épee, ein Gebäude, das Zentrum einer Badestation sein sollte. Vor zehn Jahren fand man hier noch verlassene Möbel, Tische, Billards.“

(zit. nach: Les cahiers Médulliesn hors-série de mars 2006)

(vgl. dazu: Sayon, Sylvain, Il y a 100 ans .. Grayan-et-L’Hôpital à travers la carte postale, Cressé 2012, p. 199f)

 

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Die ältesten bekannten Bilder, die das Gelände zeigen, in dem seit 1975 Euronat besteht

Die Bilder stammen aus dem soeben erschienen Bildband von Jean-Marc Masssieu, der uns freundlicherweise erlaubt hat, diese Bilder zu zeigen. Mehr zu dem Band in unserer Rubrik Médoc-Literatur

Ein Foto aus dem Jahre 1899. Es zeigt Ruinen einer ehemaligen Badestation in d’Epée (Dépée), also an der Stelle, an der heute Euronat liegt. Wo genau sich diese Ruinen befunden haben und dass davon noch Mauerreste erhalten sind, haben wir inzwischen geklärt.

Ein Ausschnitt aus einer andere Postkarte, der ebenfalls die Reste der Badestation bei Dépée zeigt. Auch dieses Bild entstand um 1900.

Die Postkarte, aus der der oben gezeigte Ausschnitt stammt. Im unteren Teil ein gestrandetes Fischerboot, das vor den „Ruinen von D’Epée liegt.


Derselbe Vorfall aus einer etwas anderen Perspektive
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Ein Stück Strasse in Euronat, das einiges zu erzählen hat. Die Aufnahme wurde 2009 gemacht. Sie verlangt vom Betrachter, dass er etwas links  von der Bildmitte einen ehemals intensiv gelben, heute nur noch schwach erkennbaren, Markierungsstreifen  wahrnimmt, der einstmals die Mitte der Fahrbahn einer ganz normalen Strasse   bildete. Die Aufnahme zeigt ein Stück der Straße in der Nähe des Hauptstrandes Richtung Südstrand. Vor dem Bau von Euronat war das die Straße nach Montalivet, die heute um das Euronatgelände herum gelegt ist .

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Der „Restaurant“-Bunker

Der in den Jahren 1942/43 als Teil des sogenannten Atlantikwalls errichtete Bunker ist heute noch vorhanden. Man sieht ihm seine einstige zweite Verwendung nicht ohne weiteres an. Zu finden ist er rechts von der Hauptachse neben den Fahrradständern in Richtung Nord-/Hundestrand. Vor der Eröffnung von Euronat befand sich auf dem Bunker ein „Restaurant“, das von Montalivetbesuchern gern aufgesucht wurde. Es wurde aber, wie es heißt aus hygienischen Gründen, geschlossen. 

 

Um den Bunker nutzen zu können, wurde eine inzwischen recht windschiefe Treppe gegossen, die auf das Bunkerdach führte.


Um eine glatte nutzbare Fläche zu erhalten, wurden auf Stützen gestellte Teile zu der Bunkerkonstruktion hinzugefügt. An dieser Ecke ist noch die ehemalige MG-Stellung des Bunkers zu erkennen.

 

Blick auf den ehemaligen Fußboden des Restaurants. Die farbigen Flächen im hinteren Teil des Bildes sind nachträglich angefügte Bestandteile.

 

Neben dem Bunkerdach Überbleibsel von Nebengebäuden des Restaurants

 

Reste der ehemaligen Abwasserbehältnisse (keine Originalteile des Bunkers).

 

Die eisernen Bügel gehören zum ursprünglichen Bunker. Sie dienten als Befestigung für Tarnnetze.

 

Noch ein Originalteil: Die Öffnung, aus der das Periskop herausgefahren wurde, das im Innern des Bunkers bedient wurde.

 

Und so hat der „Restaurantbunker“ ausgesehen, als er noch intakt war. Das Lokal, das 1961 von M. und Mme Renom aus L’Hôpital eröffnet wurde, hieß beziehungsreich „Le Panoramic“. Es wurde noch vor der Errichtung von Euronat aufgegeben. Heute kann man nur noch die Unterkonstruktion besichtigen, die aber den früheren Verwendungszweck gut erkennen lässt.
(Vgl. dazu: Sayo, Silvain, Il y 100 ans… Grayan-et-L’Hôpital,Édititon des Régionlaimes, Cressé 2012, p. 201).

Wir bedanken uns bei Sylvain Sayo für die Erlaubnis zur Wiedergabe des oben gezeigten Bildes.