Le Gurp in der Jungsteinzeit

 Die Jungsteinzeit ist die letzte Epoche der Menschheitsgeschichte vor der Erfindung der Metallverarbeitung. In ihrer letzten Phase, die nicht ohne Berechtigung jungsteinzeitliche Revolution genannt wird, haben sich die Lebensbedingungen der Menschen durch den Übergang zur Sesshaftigkeit tiefgreifend verändert. Diese Veränderungen lassen sich auch im Médoc nachweisen, wo eine Reihe von Funden geborgen werden konnten, die belegen, dass in der Gegend schon lange Menschen gelebt und gearbeitet haben und dass diese Menschen z. B. durch die Salzproduktion teilgenommen haben an Wirtschaftsbeziehungen, die über die engeren Grenzen des Médoc hinausreichten.

 

 

Der jungsteinzeitliche Grabhügel von Le Gurp

Am 17. November 1974 wurde auf dem Gebiet von Le Gurp ein Grabhügel entdeckt, der die Gebeine von etwa einem Dutzend Menschen enthielt. Die Gebeine waren in zweiter Beisetzung bestattet worden, das heißt also, sie waren vorher möglicherweise in Einzelgräbern beigesetzt worden und wurden danach in eine gemeinsame Grablege überführt. In  der Nähe der  Grabstelle wurden Überreste von Töpferwaren gefunden, ebenso bearbeitete Feuersteinwerkzeuge, unter anderem eine Pfeilspitze.

Der Grabhügel wurde datiert auf eine Zeit um 3500 vor Christi Geburt. Er ist der einzige bisher gefundene Grabhügel aus dieser Zeit an der Küste, wobei jedoch zu berücksichtigen ist, dass durch die Erosion ein beträchtlich breiter Küstenstreifen, in dem sich archäologisch interssante Stätten befunden haben können, schon im Atlantik versunken ist.

(Le tumulus découvert sur la plage du Gurp (Grayan-L’Hôpital) date de la préhistoire, in SUD OUEST, 3. Dez. 1974)

 

 

Die Entdeckung des Grabhügels von Le Gurp war für die Historiker eine regelrechte Sensation, auch wenn die Funde im einzelnen nicht sehr spektakulär waren. Sie zeigten zunächst einmal, dass die Grabstelle von sesshaften Menschen angelegt worden waren. Nur Sesshafte erinnern  sich über längere Zeit ihrer Toten und der Orte, an denen sie einst bestattet worden sind. Die Sesshaftigkeit der Bestatter kommt auch darin zum Ausdruck, dass sie über längere Zeit in räumlicher Nähe zu den Grabstellen blieben und sich daran  erinnerten, als sie sie zu einem späteren Zeitpunkt zusammenlegten.

Sesshaft können Menschen aber nur sein, wenn sie sichere Nahrungsgrundlagen haben, die ihr Überleben sichern und die es ihnen erlauben, an einem Ort längere Zeit zu bleiben. Da menschliche Wesen auf kontinuierliche Nahrungszufuhr angewiesen sind, brauchen sie Vorräte, die ihnen über die Teile des Jahres hinweghelfen, in denen die spontane Beschaffung von Nahrungsmitteln nicht möglich ist. Die wirksamste Form der Vorratswirtschaft ist neben dem Aufheben von landwirtschaftlichen Produkten die Haltung von Tieren, deren Fleisch damit jederzeit verfügabr wird Ohne die ganzjährige Verfügbarkeit von Lebensmitteln ist Sesshaftigkeit nicht möglich.

 

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Er ist von Sesshaften, wir würden heute sagen Bauern, angelegt worden, und dies vor rund 5500 Jahren. Das heißt, dass die sogenannte Neolithische Revolution, die Revolution der jüngeren Steinzeit, in der die Menschen den Übergang vom Jagen und Sammeln zur Landwirtschaft mit Ackerbau und Viehhaltung vollzogen haben, um 5550 v.Chr. in diesem Teil des Médoc angekommen war

Die Sesshaftigkeit, über die heute lebende Menschen manchmal versuchen, wieder hinauszukommen, war ein für die Entwicklung der Menschheit in seiner Tragweite kaum zu überschätzender Schritt. Ohne die Sesshaftigkeit wäre die Entwicklung der Menschheit in technischer Hinsicht nicht so erfolgt, wie wir sie sie beobachtet haben.

(UM, 6. 04. 2010)

 

 

Salzgewinnung an der Pointe de la Négade in der Jungsteinzeit

Die Pointe de la Négade, ziemlich genau auf der Grenze der Gemeinden Grayan und Soulac gelegen, hat bei Archäologen einen besonderen Ruf, denn dort sind immer wieder interessante Funde zutage getreten, wenn die Erosion neue Streifen des Dünenbereichs freigespült hatte. Die jüngste Überraschung  wurde im Juli 2015 freigelegt, als ein großer Weidenkorb aus der Tonschicht unter dem Sand auftauchte, von dem angesichts der Schicht, in der er entdeckt wurde, schnell klar war, dass er ein beträchtliches Alter hatte, das mit etwa 5.000 Jahren angesetzt wird. Die zur Hilfe gerufenen Archäologen des LabEx Sciences archéologiques de Bordeaux veranlassten angesichts der Bedeutsamkeit des Fundes die notwendigen Rettungsmaßnahmen, in deren Folge, der Weidenkorb aus dem ihn umgebenden Ton mit Kettensägen herausgeschnitten wurde. Der Block, der dabei entstand, wog rund 1,5 Tonnen. Er wurde zur Zwischenlagerung auf den Bauhof von Soulac geschafft, dort von überflüssigem Material befreit und für den Transport in das Laboratorium ARC-Nucléart in Grenoble vorbereitet, das spezialisiert ist auf die Konservierung vergänglicher Materialien. Dort sollte er außerdem einer eingehenden Untersuchung durch Archäologen und Wissenschaftler, die sich auf Umweltfragen spezialisiert haben, unterzogen werden. Nach der Auswertung und Konservierung soll der Korb in einem Museum ausgestellt werden, wofür in erster Linie wohl das Archäologische Museum in Soulac in Frage kommen dürfte.

Der Abtransport des aus dem Untergrund herausgeschnittenen Blocks, in dem der Weidenkorb eingeschlossen war.

Der Korb war ursprünglich mit einer dichtenden Tonschicht ausgekleidet und diente als Klärbecken für Salzwasser, das dort eingefüllt wurde, damit sich darin befindliche Verunreinigungen absetzen sollte. Danach wurde das Wasser in feuerfesten Behältnissen erhitzt, damit das Wasser verdampfte, während sich das Salz auf dem Boden absetzte und anschließend eingesammelt werden konnte. Das gewonnene Salz wurde dann in Tongefäße gefüllt und als begehrte Handelsware zum Teil über größere Entfernungen dorthin geschafft, wo sich Dinge eintauschen ließen, für die die Salzsieder Bedarf hatten.

Der Fundort lag vor 5000 Jahren nicht direkt an der Küstenlinie, sondern in einem Salzwassersumpfgebiet, das inzwischen weitgehend durch die Erosion abgetragen worden ist. Der Fund selbst bereichert die Kenntnisse der Archäologen über die Salzgewinnung in der jüngeren Steinzeit beträchtlich, denn bislang kannte man zwar die Gefäße, in denen das Salz transportiert wurde, hatte aber keine Kenntnis von den Orten, an denen die Salzgewinnung stattfand. Überdies gibt der Korb einen Anhaltspunkt für die Länge der Zeitspanne, in der im Médoc Salzgewinnung betrieben wurde. Interessant dabei ist auch, dass geflochtene Körbe, die dem jetzt gefundenen ähneln, aus jüngerer Zeit durchaus bekannt sind, wobei man allerdings nicht wusste, dass diese Art von Gefäßen schon vor 5000 Jahren im Gebrauch war.

(https://lascarbx.labex.u-bordeaux.fr/Actions/Projets-de-recherche-en-cours/Avancement-des-projets-de-recherche/Une-decouverte-majeure-a-Soulac-sur-mer-i3811.html)

(vgl. auch J. Lestage : Une cuve à saumure qui nous raconte le passé, in: SUDOUEST, 25. 02. 2016)

 

Noch 2019 waren an der Pointe de la Négade Spuren sichtbar, die die …

Arbeit der Archäologen im Jahr 2016 hinterlassen hatte.