Rosière / Rosenkönigin

Rosière / Rosenkönigin

 

Eine Rosière, im Deutschen würde man wohl Rosenkönigin sagen, ist ein junges Mädchen oder ein junge Frau, die ein auffallend tugendhaftes Leben führt und dafür belohnt wird.

 

Der Legende nach geht der Brauch, eine Rosière auszuzeichnen, auf den Hl. Médard (Ende des 5. Jhdts. n. Chr.) zurück, der kurzerhand seine Schwester zur ersten Rosière machte. Die bekam einen Kranz aus Rosenblüten aufs Haupt gesetzt (daher der Name) und begründete damit eine Tradition, die mancherorts bis in die Gegenwart gepflegt wird. Die Zeremonie selbst wird in der Regel am 8. Juni oder um Pfingsten herum zelebriert.

 

Im Médoc gibt es zwei Gemeinden, die diesen Brauch pflegen: Grayan und St. Trélody.

 

In Grayan bekommt die Rosière neben dem Kranz aus Rosenblüten ein Geldgeschenk, das ihre Mitgift aufzustocken hilft. Diese Zuwendung geht auf ein Testament aus dem Jahre 1893 zurück, in dem Louis Bertrand Babylone, ein reicher Eigentümer in Grayan, einen Betrag aussetzte zum Kauf von Rentenpapieren, die einen jährlichen Ertrag von 400 damaligen Francs abwerfen sollten, kein großes Vermögen, aber ein solides Sümmchen, das jede Mitgift merklich aufstocken konnte. In dem Testament wurde weiter festgesetzt, dass die zu wählende Rosière zwischen  18 und 25 Jahren alt sein sollte, in Grayan geboren und von besonders tugendhaftem Lebenswandel sein sollte. Das Gremium zur Wahl der Rosière wurde gebildet aus dem Pfarrer, dem Bürgermeister, den Gemeinderatsmitgliedern und sechs besonders angesehenen Bürgern der Gemeinde. Als Datum der Feierlichkeiten wurde der 29 Juni, Namenstag Hl. Petrus, Patron der Kirche von Grayan, festgesetzt. Bei der Messe, in der die Rosière proklamiert wurde, sollten die Angehörigen der Rosière, die Honoratioren der Gemeinde und der Nachbarorte anwesend sein, um „die Jugend dazu anzuregen, sich gut zu führen.“ 1904 wurde die erste Rosière, die in Grayan nach dem Testament von Monsieur Babylone gekürt wurde, ausgezeichnet. Sie hieß Lambertine Lambert,  und seit dieser Zeit hält Grayan den Brauch am Leben.

 

(UM, 06. 06. 2011)