Relikte des Krieges

 

Die Strände des Médoc sind wie die gesamte Küste Frankreichs während des Zweiten Weltkrieges von den deutschen Besatzern zum Atlantikwall ausgebaut worden, um Landungen der Kriegsgegner zu verhindern oder so zu erschweren, dass sie abgewehrt werden könnten. Wir wollen auf dieser Seite zeigen, was davon noch vorhanden ist und dabei ein paar Erläuterungen geben.  Um die Bilder und Informationen zu systematisieren, bilden wir drei Abschnitte (1. Bunker, 2. Vorstrandhindernisse, 3. Verbindungsstrasse, )

(Aktualisierung eingefügt am 24. 11. 2020 im Kapitel Verbindungsstraße)

1) Bunker

a) Vorspann: Der Zahn der Zeit


Lange Jahre hatte es den Anschein, als ob die aus dem Zweiten Weltkrieg stammenden Bunker an den Küsten des Médoc unverwüstlich seien. Mittlerweile sieht man jedoch, dass der Zahn der Zeit auch an ihnen nagt. Hier ein Bunker auf dem Strand von Le Gurp.

 


Noch ein Bunker vor Le Gurp

 


Ein nach einer Sprengung schon zerlegter Bunker auf dem Strand von Vensac Océan. Hier 2015

 


Daselbe Fragment ein Jahr später, 2016 also

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b) Bunker des Atlantikwalls an den Küsten des Médoc

Euronat. Bunker vor dem Nordstrand, teilweise noch oben auf der Dünenkante (1980).

 


Derselbe Befund, auch 1980. Aufnahmestandort Strand

 

Die Bunkergruppe vor dem Nordstrand von Euronat. Gut zu sehen, wie weit die Bunker schon von der Dünenkante, auf der sie Im Krieg errichtet worden sind, entfernt sind. Wir bedanken uns bei GEOPORTAIL für das Bild (http://www.geoportail.fr/)

Die Bunker auf dem Euronatstrand, Blickrichtung nach Norden nach Le Gurp. Aufnahmejahr 2009. Die Bunker stehen allesamt nicht mehr auf der Dünenkante, wo sie ursprünglich gebaut worden waren, sondern auf dem Strand.

Detail der Bunkergruppe vor Euronat. Der linke kleine Bunker ist umgestürzt. Man sieht die ursprüngliche Bodenplatte.

 

Dieselbe Bunkergruppe, Blickrichtung jetzt nach Süden auf den Hauptstrand

 

Bunker an der Atlantikküste

Die allermeisten der an der französischen Atlantikküste vorhandenen Bunkeranlagen stammen aus dem Zweiten Weltkrieg und sind während der deutschen Besatzung erbaut worden. Sie waren einst Bestandteil des hochtrabend Atlantikwall1) genannten Befestigungssystems, das Landungen feindlicher Streitkräfte an den Küsten der damals zum deutschen Herrschaftsbereich gehörenden Länder verhindern sollte. Die Bunker selbst waren so angelegt, dass sie in Sichtweite voneinander standen und zwischen ihnen keine toten Winkel oder der Einsicht entzogene Abschnitte lagen. Zwischen den Bunkern und vor ihnen zur See hin waren Annäherungshindernisse aus verschiedenen Materialien errichtet worden, die ein Passieren der Bunkerlinie erschweren oder unmöglich machen sollten. Die Bunker selbst wurden auf der Dünenkante, in unmittelbarer Nähe zum Strand, gebaut, so dass von ihnen aus der Strand unter Feuer genommen werden konnte. Wenn heute viele von diesen Bunkern auf dem Strand liegen, manche sogar schon soweit eingespült worden sind, dass sie bei Flut ganz unter Wasser liegen, dann sind das Ergebnisse der seit den Jahren des Zweiten Weltkriegs eingetretenen Erosion, bei der die Küstenlinie an vielen Stellen um einige Dutzend Meter zurückgedrängt worden ist.

Hauptfunktion der Bunkerlinie war es, wie bereits gesagt, einem von See kommenden Angreifer den Zugang zum Strand und dessen Hinterland unmöglich zu machen. Um diesen Zweck zu erreichen, waren die Bunker bewaffnet mit Maschinengewehren, leichter und mittlerer Artillerie, die so aufgestellt waren, dass sie den Strand und dessen Vorfeld und die Räume zwischen den Bunkern bestreichen konnten. Die meisten Bunker waren daher betongeschützte Artilleriestellungen, die mit leichteren Waffen zur Selbstverteidigung ausgestattet waren. Diese Artilleriebunker boten den Soldaten, die in ihnen Dienst taten, Schutz während des Dienstes, darüber hinaus aber nichts. Alles, was mit Unterkunft, Verpflegung, medizinischer Versorgung und Freizeit verbunden war, musste in eigens dafür errichteten zusätzlichen Räumlichkeiten vorgehalten werden. Dafür wurden, speziell für die Unterkünfte, eigene Bunker errichtet, während für andere Belange, etwa Freizeitangebote mit Kino etc. barackenähnliche Gebäude erstellt wurden, die zum Teil relativ weit entfernt von den Bunkern waren.

Die Bunker waren untereinander durch eine solides Leitungssystem verbunden, das einerseits die Versorgung mit elektrischem Strom sicherte, andererseits die für die Kommunikation erforderlichen Telefondienste ermöglichte. Für die materielle Verbindung und Versorgung der Bunker wurde eine betonierte Verbindungsstraße angelegt, deren Verlauf noch heute an vielen Stellen, etwa in Euronat oder an der Pointe de la Négade, gut zu sehen ist. Zusammen mit dieser Straße wurden unterirdisch Leitungen für Telefon und Stromversorgung verlegt, deren Reste dort sichtbar werden, wo die Straße selbst abgestürzt ist. Diese Straße, die bisweilen Panzerstraße genannt wird, hat tatsächlich wahrscheinlich nie einen Panzer gesehen, und dies nicht zuletzt aus dem Grund, dass sie dafür zu schmal gewesen wäre. Die Straße selbst war einspurig angelegt mit Begegnungsstellen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen.

Die Bunker wurden in einer auch heute noch staunenerweckend kurzen Zeit erbaut. Zwar hatte Hitler schon 1941 über einen „Gürtel von Bollwerken“ an den Küsten des von deutschen Truppen beherrschten Machtbereichs gesprochen, doch wurde erst nach dem fehlgeschlagenen Landungsversuch alliierter Truppen im  August 1942 bei Dieppe, das Projekt einer systematischen Küstenbefestigung beschlossen. Von September 1942 ab wurde mit Hochdruck am Atlantikwall gebaut. Mit der Leitung der Baumaßnahmen wurde die Organisation Todt betraut, die in kurzer Zeit die Strukturen schuf, mit denen die geforderten Bauleistungen erbracht werden konnten. Nach dem Tod von Fritz Todt ging die Zuständigkeit für die Bauleistungen am Atlantikwall auf GfM Erwin Rommel über, der bis zu seinem erzwungenen Selbstmordtod nach dem Stauffenbergattentat vom 20. Juli 1944 versuchte, den militärischen Wert des Atlantikwalls zu erhöhen.

Die Bauleistungen am Atlantikwall wurden im wesentlichen von Arbeitskräften erbracht, die aus dem besetzten Gebieten stammten und die teilweise zwangsweise zu diesen Arbeiten verpflichtet wurden. Die Arbeiten selbst wurden in einer auch nach heutigen Maßstäben effizienten Weise rationalisiert durch den Einsatz von Maschinen für das Mischen des Betons, die Verlegung von Feldbahnen für den Transport der Materialien etc. Daneben wurde eine strenge Typologisierung der gebauten Bunkertypen praktiziert, so dass in kürzester Zeit eine große Zahl nahezu identischer Bunkerbauten errichtet werden konnten. Da Material knapp war, wurde überall dort, wo dies zu erreichen war, Einsparungen vorgenommen. So wurden die zum Gießen der Betonbestandteile der Bunker erforderlichen Schalungen so konstruiert, dass sie so oft wie möglich verwendet werden konnten.

Die Bunker wurde, um sie schwer erkennbar zu machen, außen mit einem sandfarbenen Anstrich versehen. An den Oberkanten der Bunker wurden einfache Vorrichtungen für das Einhängen von Tarnnetzen angebracht, die einen wirksamen Schutz gegen das Erkennen aus der Luft boten. In Einzelfällen wurden Bunker außen  mit Türen und Fenstern bemalt, die aus der Entfernung täuschend echt wirkten und den Eindruck erweckten, dass es sich um harmlose Zivilbauten handelte..

Die Bunker waren, soweit dies möglich war, geschützt gegen Angriffe von außen. Dazu gehörten auch Vorkehrungen gegen Angriffe mit Giftgas. Tatsächlich wurden die von allen kriegführenden Mächten produzierten Giftgasbestände nicht eingesetzt, aber sicher war man sich während des Kriegs offenbar nicht, dass es doch dazu kommen könnte.

Zur Steigerung der Überlebensfähigkeit der Bunker waren diese mit doppelten Energieversorgungssystem ausgerüstet. Neben der von außen kommenden Stromversorgung hatten alle Bunker, in denen die installierten Einrichtungen auf Strom angewiesen waren, separate Stromerzeuger von ausreichender Leitungsfähigkeit.

Die Soldaten, die in den Bunkern Dienst zu tun hatten, wurden durch die Bunkerwände zwar gegen Feindeinwirkungen weitgehend geschützt, ansonsten waren ihre Lebensbedingungen aber eher spartanisch einfach. Sie waren in den Bunkern, die keine nach außen offenen Geschützstellungen hatten, vom Tageslicht abgeschnitten, da es keine Fenster gab, die ja auch mit der Idee des schützenden Bunkers nicht zu vereinbaren gewesen wären. Nur der Soldat, der das in diesen Bunkern eingebaute Periskop bediente, hatte einen, wenn auch mittelbaren Blick nach außen. Die Bunker, die der Unterbringungen der Soldaten dienten, waren beheizbar, allerdings in recht einfacher Weise durch zentral aufgestellte Kanonenöfen, denen es meist nicht gelang, im gesamten Bunker eine halbwegs gleichmäßige Wärme zu erzeugen.

Die deutsche Propaganda versuchte immer wieder, den Atlantikwall als unüberwindliches Bollwerk darzustellen, an dem jeder Angriff scheitern würde. Tatsächlich war der Schutz, den dieser vermeintliche Wall bot, kleiner als die Propaganda zu suggerieren suchte. Dafür gab es eine Reihe von Gründen. Der wesentlichste lag darin, dass sich eine rund 4000 km lange Küstenlinie vom Nordkap in Norwegen bis zur spanischen Grenze allein schon aus Kostengründen nicht so stark befestigen ließ, dass sie jedem Angriff trotzen konnte. Im Fall des Atlantikwalls kam hinzu, dass die für eine militärisch überzeugende Schutzwirkung erforderlichen Waffen nicht in der Menge bereitgestellt werden konnten, wie dies von den Befürworten der Bunkeranlagen gewünscht worden war. Man musste mit dem vorlieb nehmen, was zu bekommen war, und das waren häufig Waffen aus erbeuteten französischen, russischen oder anderen Beständen, die zum großen Teil nicht mehr auf der Höhe der Zeit waren, auf jeden Fall aber für die Bereitstellung von Munition und Ersatzteilen einen hohen Aufwand erforderten.

Wie wenig fundiert die von der deutschen Propaganda verbreiteten Behauptungen über den militärischen Wert des Atlantikwalls waren, zeigte sich am 6. Juni 1944 als in der Normandie, zwar mit schweren Verlusten der Alliierten, aber doch in vergleichsweise kurzer Zeit das Bunkersystem an der Küste überrannt wurde. Und nachdem die Alliierten einmal im Norden Frankreichs Fuß gefasst hatten, waren alle übrigen noch in der Hand deutscher Truppen befindlichen Bunkeranlagen nahezu wertlos geworden.

(UM 2010)

Für weiterführende Informationen verweisen wir auf eine Dissertation, die an der Universität Düsseldorf angenommen worden ist:

http://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=2613

 

1) Der Atlantikwall ist nicht identisch mit dem Westwall, der an der Westgrenze des Deutschen Reiches von Kleve am Niederrhein bis Weil am Rhein nahe der Grenze zur Schweiz verlief und heute in Teilen noch erhalten ist. Die westlichen Alliierten nannten ihn auch Siegfriedlinie.

Gut zu sehen, dass die auf dem Strand liegenden Bunker dabei sind, in den Untergrund einzusinken. An anderen Stellen ist das schon geschehen, und hier ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Gewicht der Betonkolosse diese verschwinden läßt.

Ein ziemlich schräg liegender Bunker, der zur Hälfte bereits eingespült worden ist. 

Die Euronatbunker von der Dünenkante aus gesehen. Gut zu erkennen die Bunkerzugänge, die auf der Dünenseite lagen.

 

Ein gut erhaltener Bunker am Cap Ferret

Unweit vom Fuß des Leuchtturms vom Cap Ferret befindet sich ein Bunker, der gut zu besichtigen ist und der wegen der teilweise erhaltenen Inneneinrichtung anschauliche Einblicke in die Lebensbedingungen in einem Bunker das Atlantikwalls vermittelt.

Rekonstruktionszeichnung des Bunkers mit zu Tarnungszwecken aufgesetzem Holzhaus

Die technischen Daten des Bunkers und die wesentlichsten Daten seiner Geschichte.


Die Kennung des Bunkers Ar 3601 und sein Baujahr 1943

Die in drei Etagen angebrachten klappbaren Bettgestelle für die Bunkerbesatzung und die spartanische Innenausstattung machen es möglich, sich vorzustellen, unter welchen Bedingungen die Soldaten in diesem Bunker lebten.


Der immer noch funktionsfähige Ofen

Schemazeichnung des Schornsteins des Ofens mit der ausgeklügelten Vorkehrung gegen Handgranatenangriffe durch den Schornstein


Die Ventilatoranlage zur Belüftung des Bunkerinnenraums

Während die meisten der Bunker an den Küsten des Médoc noch vorhanden sind, auch wenn sie zum großen Teil, bedingt durch das Voranschreiten der Erosion, nicht mehr oben auf der Dünenkante, sondern unten auf dem Strand liegen und mitunter nur noch bei Ebbe sichtbar sind,  sind nur wenige der Bunker abgetragen worden. Dazu gehört eine Bunkergruppe, die am Nordstrand von Montalivet lag und die in den 60er Jahren vollständig abgebrochen wurde. Die Betonreste sind unter den Wellenbrechern, die in dieser Zeit in Montalivet angelegt worden sind, eingebaut worden. Die Bunker selbst sind kurz vor ihrem Ende spektakulär eingefärbt worden, was wir in einer seltenen Bildsequenz zeigen können. Zu den Bildern: Klick

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2) Vorstrandhindernisse

Um feindliche Landungen zu verhindern oder zumindest zu erschweren, wurden an den Stränden eine Reihe von verschiedenen Hindernissen aufgestellt. 

Diese von Feldmarschall Rommel, der nach dem Ende des Feldzuges in Nordafrika zum Generalinspekteur des Atlantikwalls ernannt worden war, inspirierte Skizze zeigt die verschiedenen Typen von Vorstrandhindernissen. Die erste Linie von Hindernissen gegen Angreifer wurde im Wasser angebracht, und zwar dort, wo eventuelle Landungen in geringer Wassertiefe durch unter Wasser angebrachte Hindernisse am wirkungsvollsten aufgehalten werden konnten. Vor dem Euronatstrand waren unter anderem Betonpyramiden eingebaut, die etwa 1,80 m hoch waren.

An deren Spitzen waren Sprengladungen angebracht, die bei Berührung explodieren sollten. Diese Betonhindernisse sind bei sehr tiefer Ebbe noch heute zu sehen. Wo sie fehlen, sind sie wahrscheinlich zerstört oder eingespült worden. Wenn diese Vorstrandhindernissse heutzutage mancherorts als Panzersperre bezeichnet werden, ist das eine Fehlannahme, denn Panzer kamen auch früher nicht vom offenen Meer. Der Teil des Strands, der auch bei Flut in der Regel nicht überspült wurde, war mit Stacheldrahtsperren und Minen so gut wie unpassierbar. Sie sind unmittelbar nach Kriegsende beseitigt worden, wobei vielfach deutsche Kriegsgefangene für das Räumen der Minen eingesetzt wurden.

Vorstrandhindernisse gab es in unterschiedlichen Formen und aus unterschiedlichen Materialien. Hier sind, beiderseits der Grenze zwischen den Strandbereichen Euornat/Vensac-Océan, rund vierzig aus Beton bestehende Tetraeder übrig geblieben, die bei hohen Koeffizienten (hier 109, am 10. März 2012) aus dem Wasser auftauchen.

Blick nach Süden Richtung Vensac-Océan, ebenfalls am 10. März 2012

Die Spitze eines Vorstrandhindernisses, aufgenommen in den 80er Jahren bei besonders tiefer Ebbe. Gesamthöhe etwa 1,80 m.

Überblick über die Vielzahl der noch vor Ort befindlichen Vorstrandhindernisse. Zu sehen vor dem Südstrand des Euronat-Geländes Richtung Montalivet.

Ähnliche Perspektive bei einer Aufnahme aus dem Jahr 2009. Schwer zu sagen, ob die Zahl der Hindernissse abgenommen hat.

Aus der Nähe ist zu sehen, dass die vermeintlich massiven Gebilde aus Betonbalken bestehen.

Derselbe Befund aus leicht veränderter Perspektive

 

Auch Jahrzehnte nach dem Ende der Kampfhandlungen werden an den Stränd en von Zeit zu Zeit Fragemente der einstigen Vorstrandhindernisse freigespült.

 

Bisweilen haben Teile eines ehemaligen Vorstrandhindernisses Verwendung gefunden  zur Verstärkung eines Zaunes. Zu sehen auf dem Weg von Daugagnan nach Saint-Vivien

Dasselbe Stück aus einem etwas anderen Blickwinkel.

 

3) Die Verbindungsstrasse

Als die Bunker des sogenannten Atlantikwalls im Médoc angelegt wurden, wurden sie strandnah in die Dünen gesetzt, wo es bislang keinerlei nutzbare Verkehrswege gab, um diese Bunker zu erreichen. Aus diesem Grund wurde eine durchgehende Verbindungsstraße angelegt, die für die Versorgung der Bunker unerlässlich war. Diese Straße, die übrigens in keiner französischen Karte verzeichnet ist, war gedacht für die Benutzung durch Motorräder, Pkw oder Lkw, soweit sie für die Versorgung der Bunkerstellungen benötigt wurden. Die später zu hörende Bezeichnung als Panzerstraße erklärt sich wohl aus der soliden Bauweise in Beton. Tatsächlich haben aber Panzer auf dieser schmalen Straße wenig zu suchen gehabt. Die Straße war für einspurigen Verkehr ausgelegt, wobei in relativ kurzen Abständen Begegnungsstellen eingerichtet wurde, die bei Gegenverkehr dafür sorgten, dass kein Fahrzeug zum Ausweichen in den tiefen Sand musste. 

Beim Bau der Verbindungsstraße wurden in den Beton Buchstaben und Zahlen eingeritzt, die zu ihrer Zeit eine Funktion hatten für die Vermessung und Lokalisierung des Straßenverlaufs. Wir zeigen zwei Zahlen- und Buchstabenkombinationen, die wir auf dem Euronat-Gelände gefunden haben.

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Die Verbindungsstrasse, aufgenommen in den frühen 80er-Jahren zwischen Euronat-Nordstrand und Le Gurp. Die links im Bild zu sehende Düne fällt direkt ab zum Strand.

Im Sommer 2000 ist von der Verbindungsstraße noch einiges zu sehen

Hier hat ein offenbar französischer Schreiber seinen Frust in den Beton geritzt: MERDE. Dieses Stück der Verbindungsstrasse ist zur Zeit unter Sand begraben. Die Aufnahme entstand in den 80er Jahren.

Im Jahre 2009 ist ein grosser Teil der Verbindungsstraße zwischen Euronat und Le Gurp schon abgestürzt. Hier ist zu sehen, dass die nächsten Abgänge unmittelbar bevorstehen.

Was sonst nicht zu sehen ist: Die Verbindungsstrasse hat eine solide Betonunterkonstruktion

Neben der Verbindungsstraße waren Telefon- und Stromkabel verlegt, die auch heute noch zu sehen sind.

 

Detail eines Kabelstücks

 

Wer sucht, der findet: Hier der Abdruck eines Nagelstiefels im Beton der Unterkonstruktion der Verbindungsstraße.

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2015: Bestandsdaufnahme der Verbindungsstraße zwischen Euronat und Le Gurp

Es sind nur noch an drei Stellen Reste der Verbindungstraße an ihrer originalen Position nachweisbar.


Hier taucht noch einmal ein vergleichsweise langes Stück auf.

Und das ist das letzte der drei Fragmente der Verbindungsgstraße, die wir zwischen Euronat und Le Gurp noch gefunden haben.

(UM, 30. 07. 2015)

4) Belgische Tore – Portes belges


Ein Belgisches Tor. Man sieht gut die nach hinten gerichteten Abstützungen.

 

Deutsche Soldaten bewegen auf den unten sichtbaren Rollen ein Belgisches Tor an einen neuen Standort

Belgische Tore am Strand von Monatlivet. Aufnahme vom April 1945 nach dem Ende der Kampfhandlungen um die so genannte Festung Gironde Süd.

Belgische Tore – Portes belges

Die so genannten belgischen Tore, von denen Überreste Im Juli 2016 im Médoc an der Pointe de la Négade gefunden wurden, gehen zurück auf eine Entwicklung des belgischen Obersten Léon Edmond de Cointet de Fillain (1870-1948), der 1933 zur Verstärkung der belgischen Grenzen ein System beweglicher schwerer metallischer Zäune entwarf, das vor einem von Deutschland ausgehenden Angriff schützen sollte. Diese Tore waren etwa 3 m breit und 2,50 m hoch. Sie wogen um die 1400 kg. Sie konnten auf walzenähnlichen Rollen bewegt und an die Stellen geschafft werden, an denen Sperrungen vorgenommen werden sollten. Wenn sie aufgestellt wurden, wurden sie miteinander und mit zum Teil heute noch erhaltenen Betonsäulen verbunden, so dass tatsächlich ein zaunähnlicher recht massiver Sperrriegel entstand, der von einem Angreifer nicht ohne weiteres überwunden werden konnte. Dies war zumindest die Annahme, von der man ausging.

In den Jahren 1939 und 1940 wurden von den belgischen Behören bei 28 Firmen insgesamt 77.000 dieser Tore bestellt, von denen tatsächlich 73.600 Exemplare ausgeliefert und als Grenzschutz aufgestellt wurden. Wie sich zeigen sollte, haben sie jedoch den Vormarsch der deutschen Panzerverbände nur unwesentlich aufhalten können. Nachdem sich die belgische Armee am 28. Mai 1940 ergeben hatte, war der größte Teil der Belgischen Tore noch intakt, was die deutschen Besatzungsbehörden dazu brachte, sie einzusammeln und  im deutschen Machtbereich dort einzusetzen, wo man meinte, ihnen eine sinnvolle Funktion zuweisen zu können. Im deutschen Sprachgebrauch wurden die Belgischen Tore meist als C-Elemente bezeichnet

Ein Teil der sichergestellten Portes belges wurde zum Atlantikwall transportiert, wo sie in die Küstenbefestigungen der deutschen Besatzungstruppen eingefügt wurden. Das geschah auch im Médoc, wo sie in der Endphase des Zweiten Krieges Verwendung fanden, um die so genannte Festung Gironde Süd gegen Landungsversuche von der See her zu schützen. Da von der Seeseite her keine Angriffe auf die deutschen Stellungen durchgeführt wurden, können keine Aussagen darüber gemacht werden, ob die Portes belges im Médoc einen höheren militärischen Wert hatten als anderswo. Wahrscheinlich hätte sich auch hier herausgestellt, dass die erwartete militärische Effizienz hinter den theoretischen Annahmen zurückgeblieben wäre.

Den größten Teil der Belgischen Tore, die bei Kriegsende noch vorhanden waren, haben Schrottsammler  mitgehen lassen. Nur gelegentlich sind einzelne Exemplare von Sand zugedeckt worden und auf diese Weise an Ort und Stelle erhalten geblieben, wie dies bei drei Toren geschah, die an der Pointe de la Négade im nördlichen Médoc im Juli 2016 entdeckt wurden. Sie wurden von der Gemeinde Grayan sichergestellt, und dort entstanden die nachfolgen Fotos.

Die im Juli 2016 an der Pointe de La Négade geborgenen Fundstücke sind von der Gemeindeverwaltung von Grayan abtransport und in einem geschützten Bereich deponiert worden. Die kreisförmige Struktur in der Bildmitte hat mit den Belgischen Toren nichts zu tun, sie gehört zu den Überresten einer Flakstellung aus dem Zweiten Weltkrieg.

http://www.medoc-notizen.de/resources/Portes-belges-26-Juli2016-IMG_4864.jpg

Eines der noch gut erhaltenen Tore

Teile der seitlichen Abstützung

Eine der jeweils zwei Rollen, auf denen die Tore bewegt werden konnten.

 

Im Lauf der rund sieben Jahrzehnte, die diese Tore unter dem Sand zugebracht haben, hat sich allerhand an den Eisenprofilen angelagert. Das gilt auch für die mittlere Säule dieses Tores.

Die nacheinander gelagerten drei gefundenen Tore

 

Noch ein Blick auf die Fundstücke, deren Zukunft noch nicht geklärt ist.